Donnerstag, 08. September
Um 6 klingelt der Wecker. Ich stehe um 6:15 Uhr auf. Erstmal bin ich kurz bei Facebook. Ab 6:45 Uhr schreibe ich Tagebuch. Kurz nach 8 habe ich den Bericht von gestern fertig geschrieben. Ich stelle die Schreibarbeiten erstmal ein. Und mache das Tablet aus. Da es im Vorzelt zu eng ist, wasche ich mich auf der Wiese. Ich gieße fast den ganzen Wasserkanister über mich.
Meine nächste Anschaffung wird eine Campingdusche sein.
Dann packe ich meine Sachen zusammen und baue das Zelt ab. Als ich mein Fahrrad im Liegen belade, kommen Auf der Straße 2 Radfahrer vorbei. Sie halten an. Und rufen auf englisch herüber, ob ich Hilfe brauche. Ich gehe an die Straße. Es ist ein junges Paar auf Fahrradreise. Wir unterhalten uns kurz auf englisch. Sixtine und ihr Partner kommen aus Belgien. Und wollen auch in den Iran. Und dann Pakistan- Indien. Wir tauschen Tipps aus. Das Visum für den Iran haben sie schon. Aus Batumi. Die Grenze Iran – Pakistan ist aktuell offen (ein Grenzübergang)
Die beiden sind allerdings viel schneller unterwegs als ich (so wie die meisten). Nach dem netten Gespräch verabschieden sie sich. Und fahren weiter.
Ich belade das Fahrrad.
Um 11:45 Uhr bin ich startklar. Ich schiebe das Fahrrad zurück zur Straße. Ab 12:10 Uhr folge ich wieder meiner Komoot Route. Bis nach Jerewan sind es noch 190 km.
Ich schiebe das Fahrrad überwiegend bergauf. Später geht es ein Stück bergab. Bis in den kleinen Ort Berdavan. Hier komme ich mit einem älteren Mann ins Gespräch. Er hat eine kleines Lebensmittel Geschäft. Ich kaufe Eiscafe und Mini Pizza. Als Wechselgeld erhalte ich Münzen. Die sehen aus wie Spielgeld. Dann zeigt er mir sein Auto. Ich kenn das Model nicht. Aber es ist sehr alt. Etwa 50 Jahre.
Etwa um 13:20 Uhr verabschiede ich mich. Und fahre weiter. Ich verlasse den Ort. Und erreiche 5 Minuten später den größeren Ort KOGHB. Hier mache ich in einer Gaststätte Pause. Ich bestelle Rollo und Tee. Außerdem fülle ich einen Wasserkanister auf.
Gegen 14:40 Uhr fahre ich weiter. Das heißt, ich schiebe. Es geht bergauf. Auch dieser Ort ist langgezogen. Es dauert etwa 1 Stunde bis ich ihn verlasse. Kurz darauf bin ich schon im nächsten Ort. Ich schiebe das Fahrrad durch die kleine Stadt Noyemberyan. Etwa um 16:20 Uhr hält ein Kleinbus neben mir. Die beiden Männer sprechen weder englisch noch deutsch. Aber sie verstehen, dass ich nach Jerewan will. Sie nehmen mich mit. Das Fahrrad passt problemlos in den Bus. Ich brauche nur die Fahnenstange abnehmen. Wenige Minuten später sind wir unterwegs in Richtung Jerewan. Ich weiß aber nicht, wo sie genau hin fahren. (Bzw. Ich verstehe es nicht) 1 Stunde später weiß ich es. Wir sind in der Stadt Idschewan. Hier ist Endstation. Ich steige aus. Wir laden das Fahrrad aus. Dann verabschiede ich mich. Die beiden haben mich etwa 56 km mitgenommen. (Wir sind auf einer 10 km längeren Strecke gefahren als meine Kommot Route)
Jetzt sind es noch 133 km bis nach Jerewan.
Idschewan hat etwa 15.500 Einwohner und ist die 1. größere Stadt in Armenien in der ich bin.
Ich schiebe das Fahrrad. Dann komme ich zu einem großen Supermarkt.
Hier kaufe ich Lebensmittel. Dieser Markt ist erstaunlich modern. Das Angebot ist vergleichbar mit Supermärkten in der Türkei. Es gibt Artikel bekannter Konzerne. Positiv fällt mir auf, dass es vieles lose gibt. Nudeln, Nüsse, Trockenfrüchte. Ich kaufe Walnüsse und getrocknete Aprikosen. Außerdem gibt es Milch im o,5 l Tetrapak. Das ist genau richtig für mich. Ich brauche für eine Müsli Mahlzeit einen halben Liter Milch. Die andere Hälfte vom 1l Pack schmeiße ich oft weg, weil sie sich auf dem Fahrrad ungekühlt nur maximal 2 Tage hält.
Außerdem kaufe ich einen 5 l Kanister Trinkwasser. Ich fülle damit meinen 6 l Kanister auf.
Mittlerweile ist es 17:40 Uhr.
Ich schiebe das Rad Stadtauswärts. Nach einer Weile passiert etwas womit ich nicht gerechnet hatte.
2 Jungen sprechen mich an. Sie verstehen zwar kein deutsch oder englisch. Aber ich weiß was sie wollen. Ihnen ist meine türkische Flagge aufgefallen. Sie sind sehr aggressiv. Und wollen die Flagge abreißen. Ich kann sie aber daran hindern. Dann kommen 3 Polizisten. Reden mit den Jungen. Und reden auf mich ein. Ohne eine gemeinsame Sprache ist die Verständigung schwierig. Ich verstehe aber „passport“. Und zeige ihnen meinen deutschen Personalausweis. Dann machen sie mir unmissverständlich klar, dass die türkische Flagge hier ein Problem ist. Ich will sie abnehmen. Aber der Polizist kommt mir zuvor. Er entfernt sie. Und steckt sie gleich in seine Tasche. Um Ärger zu vermeiden, lasse ich das zu. Damit ist die Sache erledigt.
Ich schiebe das Rad Stadtauswärts. Langsam wird es dunkel. Gegen 19 Uhr verlasse ich die Stadt. Ich bin jetzt auf der Hauptverkehrsstraße M4 in Richtung Jerewan. Und mache mich auf die Suche nach einem Zeltplatz. Obwohl die Strecke eben ist schiebe ich weiter. Im Dunkeln ist es mir zu gefährlich, auf der viel befahrenen Hauptstraße zu fahren. Außerdem sehe ich so besser geeignete Plätze zum Zelten. Die Suche nach einer Übernachtungsmöglichkeit ist heute aber wieder schwierig. Rechts geht es bergauf. Links bergab. Und im Dunkeln ist es mir zu gefährlich, dass Fahrrad einfach irgendwo auf eine Freifläche zu schieben. Zumal hier überall Dornenbüsche sind. Etwa um 19:40 Uhr komme ich an einem Hinweisschild „Motel & Kamping“ vorbei. Ich sehe aber nirgends einen Campingplatz. Also schiebe ich das Rad immer weiter.
Etwa um 21:10 Uhr erreiche ich einen Fast food Imbiss. Ich frage die Frau ob ich hier zelten kann. Sie versteht mich wohl nicht. Und schickt mich weiter. Dann sage ich „Hotel“ Das versteht der Mann. Er gibt mir zu verstehen, dass ich hier bleiben kann. Im „Nebengebäude „ ist ein Gästezimmer. Das Gebäude ist eher ein Container auf Paletten. Und ziemlich marode. Drinnen sind 2 Zimmer. Einfach eingerichtet. Das Kloo ist neben dem „Hauptgebäude“. Die Wasserspülung funktioniert nicht. Es gibt auch kein Bad. Nur einen Wasserschlauch auf dem Hof. Hier ist Wasser für die Kloospülung.
Ich finde 5000 Dram (12,42€) nicht so günstig für diese einfache Unterkunft.
Ich hab schon deutlich bessere Unterkünfte gehabt. Günstiger oder sogar gratis.
Aber trotzdem bezahle ich und bleibe hier.
Dann fällt der Strom in dem Raum aus. Der Mann repariert es kurzerhand. Die Stromleitung ist eine abenteuerliche Konstruktion. In Deutschland wäre so etwas absolut undenkbar! Hier ist es offenbar normal.
Ich bekomme dann noch einen Tee angeboten. (Den bezahle ich extra)
Mein Fahrrad kann ich mit rein nehmen.
Dann richte ich mich für die Nacht ein. Ein Bett gibt es nicht. Das Sofa ist völlig durchgesessen. Ichüberlege, auf dem Boden zu schlafen. Dann entscheide ich mich für den kleinen Nebenraum. Hier sind 2 recht ansehnliche Sitzsofas und ein Tisch. Ich schiebe die beiden Sofas zusammen. Und lege meine Isomatte und den Schlafsack darauf. (Bettzeug gibt es nicht).
So habe ich ein bequemes Nachtlager.
Dann bin ich noch kurz bei Facebook. Ich beantworte Kommentare.
Meine Zitrone trinke ich heute mit Tee.
Bis ich schlafe ist es fast Mitternacht.
Ich hatte heute folgende Ausgaben:
Eiscafé & Mini Pizza: 300 AM
Essen: 1450 AMD (Rollo 1200 AMD, Tee 250 AMD)
Kakao: 200 AMD
Lebensmittel: 4080 AMD
Übernachtung: 5000 AMD
0,5 l Tee: 450 AMD
Gesamt: 11480 AMD (28,22€)
Ich habe heute etwa 73 km zurück gelegt. Davon wurde heute etwa 56 km mitgenommen
Und bin etwa 17 km gefahren. Bzw. hab das Fahrrad geschoben.
Persönliche Stellungnahme zu dem Vorfall mit der türkischen Flagge
Ein Teil von meinem Verständnis von Frieden und Völkerverständigung ist es, dass ich von jedem Land durch das ich reise, die Flagge an meinem Fahrrad habe.
Um so ein Zeichen für ein friedliches Miteinander aller Menschen zu setzen.
Die Polizeibeamten haben nicht begründet, warum sie die türkische Flagge von meinem Fahrrad entfernen.
Sie haben mir nur unmissverständlich klargemacht, dass die türkische Flagge in Armenien nicht erwünscht ist. Und sie auch gleich entfernt.
Ich weiß von den Spannungen zwischen der Türkei und Armenien.
Und respektiere das.
Obwohl es nicht meinem Verständnis von Frieden und Völkerverständigung entspricht.
Wenn ich Armenien wieder verlassen habe, besorge ich mir wieder eine türkische Flagge.
Ich habe den Traum von einer friedlichen Welt ohne Grenzen. Aber leider erinnert mich die Realität immer wieder daran, dass die Menschheit noch nicht so weit ist.
Ich werde es nicht ändern können.
Ich kann mit dieser Reise nur ein symbolisches Zeichen setzen.
Indem ich durch die Welt reise. Und mich mit Menschen aus aller Welt verbinde. Mit Menschen aus verschiedenen Ländern an einem Tisch sitze. Lache, gemeinsam esse, spiele, rede. Freundschaften knüpfe. Es spielt für mich keine Rolle ob meine Freunde aus Russland, der Ukraine, der Türkei, Kanada, Brasilien, Armenien, Deutschland oder Südafrika kommen. Es ist für mich nicht wichtig, ob meine Freunde zu Gott, Allah oder Budda beten, oder zu den Zeugen Jehovas gehören. Ich respektiere jede Religion.
Genauso wie ich die Gesetze und Gewohnheiten der Länder in denen ich bin respektiere.
Das ist mein symbolischer Beitrag für Frieden und Völkerverständigung.
I get a lift. Problems with the Turkish flag
Thursday, 08 September
The alarm clock rings at 6. I get up at 6:15. First I am briefly on Facebook. From 6:45 I write my diary. Shortly after 8 I have finished writing yesterday's report. I stop writing for the time being. And turn off the tablet. As it is too cramped in the awning, I wash on the lawn. I pour almost the whole water canister over me.
My next purchase will be a camping shower.
Then I pack up my things and take down the tent. As I load my bike lying down, 2 cyclists pass on the road. They stop. And call over in English if I need help. I go to the road. They are a young couple on a bicycle tour. We talk briefly in English. Sixtine and her partner are from Belgium. They also want to go to Iran. And then Pakistan-India. We exchange tips. They already have the visa for Iran. From Batumi. The border between Iran and Pakistan is currently open (one border crossing).
The two of them, however, are much faster on the road than I am (like most people). After the nice conversation they say goodbye. And drive on.
I load the bike.
At 11:45 I am ready to go. I push the bike back to the road. From 12:10 I follow my Komoot route again. It is still 190 km to Yerevan.
I push the bike mostly uphill. Later it goes downhill for a bit. Until I reach the small village of Berdavan. Here I get into conversation with an elderly man. He has a small grocery shop. I buy ice cream and mini pizzas. I get coins as change. They look like play money. Then he shows me his car. I don't know the model. But it's very old. About 50 years.
At about 1:20 pm I say goodbye. And I drive on. I leave the village. And 5 minutes later I reach the larger village of KOGHB. Here I take a break in a restaurant. I order rollo and tea. I also fill up a water canister.
At about 14:40 hrs I ride on. That means I push. It goes uphill. This place is also long. It takes me about 1 hour to leave it. Shortly afterwards I am already in the next village. I push the bike through the small town of Noyemberyan. At about 16:20h a minibus stops next to me. The two men speak neither English nor German. But they understand that I want to go to Yerevan. They give me a lift. The bicycle fits easily into the bus. I only have to take off the flagpole. A few minutes later we are on the road towards Yerevan. But I don't know where exactly they are going. (Or rather, I don't understand) 1 hour later I do. We are in the city of Ijevan. This is the end of the line. I get out. We unload the bike. Then I say goodbye. The two of them gave me a lift for about 56 km. (We rode on a route 10 km longer than my Kommot route).
Now it is 133 km to Yerevan.
Ijevan has about 15,500 inhabitants and is the first bigger city in Armenia I am in.
I push the bike. Then I come to a big supermarket.
Here I buy groceries. This market is surprisingly modern. The range of products is comparable to supermarkets in Turkey. There are articles from well-known companies. What strikes me positively is that there is a lot in bulk. Pasta, nuts, dried fruit. I buy walnuts and dried apricots. There is also milk in an o.5 l Tetrapak. That's just right for me. I need half a litre of milk for a muesli meal. I often throw away the other half of the 1-litre pack because it only keeps for a maximum of 2 days on the bike without being refrigerated.
I also buy a 5-litre canister of drinking water. I use it to fill up my 6 l canister.
By now it is 5:40 pm.
I push the bike out of town. After a while something happens that I hadn't expected.
Two boys approach me. They don't understand German or English. But I know what they want. They noticed my Turkish flag. They are very aggressive. They want to tear the flag down. But I can stop them. Then three policemen come. They talk to the boys. And they talk to me. Without a common language, communication is difficult. But I understand "passport". And I show them my German identity card. Then they make it unmistakably clear to me that the Turkish flag is a problem here. I want to take it off. But the policeman beats me to it. He removes it. And immediately puts it in his pocket. To avoid trouble, I let him. That settles the matter.
I push the bike out of town. Slowly it gets dark. Around 7 pm I leave the city. I am now on the main M4 road in the direction of Yerevan. And I start looking for a campsite. Although the road is flat, I push on. In the dark it is too dangerous for me to ride on the busy main road.
It also helps me see more suitable places to camp. But the search for a place to spend the night is difficult again today. On the right, the road goes uphill. Downhill to the left. And in the dark it is too dangerous for me to simply push my bike onto an open space somewhere. Especially as there are thorn bushes everywhere. At about 19:40 I pass a sign saying "Motel & Kamping". But I don't see a campsite anywhere. So I push the bike further and further.
At about 21:10 I reach a fast food snack bar. I ask the woman if I can camp here. She doesn't understand me. She sends me on my way. Then I say "hotel". The man understands. He tells me that I can stay here. There is a guest room in the "outbuilding". The building is more like a container on pallets. And quite dilapidated. Inside there are 2 rooms. Simply furnished. The toilet is next to the "main building". The flush does not work. There is no bathroom either. Only a water hose in the courtyard. Here is water for flushing the toilet.
I think 5000 Dram (12,42€) is not so cheap for this simple accommodation.
I have had much better accommodation. Cheaper or even free.
But still I pay and stay here.
Then the electricity in the room fails. The man fixes it without further ado. The power line is an adventurous construction. In Germany, something like that would be absolutely unthinkable! Here it is apparently normal.
I am then offered a cup of tea. (I pay extra for it)
I can take my bike inside.
Then I settle in for the night. There is no bed. The sofa is completely worn out. I consider sleeping on the floor. Then I decide on the small room next door. There are two quite respectable sofas and a table. I push the two sofas together. And lay my sleeping mat and sleeping bag on them. (There is no bedding).
So I have a comfortable place to sleep.
Then I go on Facebook for a short while. I answer comments.
I drink my lemon with tea today.
It is almost midnight before I sleep.
I had the following expenses today:
Ice cream parlour & mini pizza: 300 AM
Food: 1450 AMD (Rollo 1200 AMD, Tea 250 AMD)
Cocoa: 200 AMD
Food: 4080 AMD
Overnight stay: 5000 AMD
0,5 l tea: 450 AMD
Total: 11480 AMD (28,22€)
I covered about 73 km today. Took about 56 km of that today.
And rode about 17 km. Or pushed the bike.
Personal statement on the incident with the Turkish flag
Part of my understanding of peace and international understanding is that I have the flag of every country I travel through on my bicycle.
In order to set a sign for peaceful coexistence among all people.
The police officers did not explain why they were removing the Turkish flag from my bicycle.
They only made it clear to me that the Turkish flag is not wanted in Armenia. And they removed it straight away.
I know about the tensions between Turkey and Armenia.
And I respect that.
Although it does not correspond to my understanding of peace and international understanding.
When I leave Armenia again, I will get a Turkish flag again.
I have the dream of a peaceful world without borders. But unfortunately, reality keeps reminding me that humanity is not yet ready.
I will not be able to change it.
I can only set a symbolic sign with this journey.
By travelling through the world. And connecting with people from all over the world. Sitting at a table with people from different countries. Laughing, eating together, playing, talking. Making friends. It doesn't matter to me whether my friends come from Russia, Ukraine, Turkey, Canada, Brazil, Armenia, Germany or South Africa. It doesn't matter to me whether my friends pray to God, Allah or Budda, or belong to Jehovah's Witnesses. I respect every religion.
Just as I respect the laws and customs of the countries I am in.
This is my symbolic contribution to peace and international understanding.