Donnerstag, 13. Oktober (Tag 13 im Iran)
Nachts fahren Motorräder durch den Park. Immer wieder um unser Camp herum. Menschen laufen dicht an meinem Zelt vorbei. 2 junge Männer setzen sich auf das Motorrad von Hauke. Machen Fotos. Hauke kommt aus dem Zelt und regt sich auf. Die Männer diskutieren mit Hauke. Gehen dann aber wieder.
Es ist 5:20 Uhr. Eigentlich will ich gleich wach bleiben und Tagebuch schreiben. Um 5:30 Uhr klingelt der Wecker.
Aber ich bin zu müde. Und schlafe weiter.
Ich wache erst gegen 6:40 Uhr auf. Erstmal gehe ich zu den Waschbecken und wasche mich. Medha bezahlt mit ihrer Kreditkarte die Gebühr für mein Pakistan Visa. Es ist eine Unterstützung für meine Reise.
Damit starte ich heute den online Antrag auf das Visum.
Gegen 9:30 Uhr frühstücken wir gemeinsam.
Später mache ich einen kurzen Spaziergang in den toll angelegten oberen Teil vom Park.
Mittags fahren die anderen weiter. Wir verabschieden uns. Tim und Katharina fahren nochmal zurück nach Ghom. Dort war ich ja schon.
Ich brauche noch eine Weile, bis ich so weit bin. Und ich kann mir Zeit lassen. Ich möchte heute nur bis zum Bahnhof nach Kashan fahren. Und dann mit der Bahn nach Isfahan. Laut Google gibt es Zugverbindungen von Kashan nach Isfahan. Die Zeit nutze ich, um den Antrag auszufüllen. Ich beantworte alle Fragen. Und schicke ihn ab.
Dann baue ich das Zelt ab. Packe meine Sachen zusammen. Und belade das Fahrrad. Um 15:10 Uhr bin ich startklar. Ich verlasse unser Camp und den Bam-e Shahr Park. Gegen 15:30 Uhr bin ich auf der Straße in Richtung Kashan. Bis zum Bahnhof sind es 15 km. Gegen 17:30 Uhr komme ich dort an. Einen Fahrplanaushang gibt es nicht. Bzw. ich kann die Hinweisschilder nicht lesen. Ich frage am Schalter nach einer Verbindung nach Isfahan. Aber zu meiner Überraschung fahren von hier gar keine Züge nach Isfahan! Die in Google angezeigten Verbindungen existieren nicht!
Das beweist mal wieder das Google hier im Iran nicht zu gebrauchen ist.
Busse fahren offenbar auch nicht. Oder ich finde keinen Busbahnhof bzw. kann die Schilder nicht lesen. Alleine, ohne Sprachkenntnisse und mit falschen Informationen aus dem Internet ist man in diesem Land aufgeschmissen.
Unter solchen Bedingungen kann ich verstehen, dass kaum Touristen in dieses wunderschöne Land kommen. Abgesehen von der momentanen Situation. Und einer unmöglichen Bargeldversorgung.
Eine Weile überlege ich, wie es weiter geht.
Heute werde ich hier in der Stadt übernachten. Und dann morgen mit Fahrrad in Richtung Isfahan fahren. Bis zu meinem nächsten Zwischenziel sind es etwa 200 km. Die ganze Strecke würde meinen Zeitrahmen sprengen. Außerdem wird die Lage hier im Iran tatsächlich immer „gefährlicher“
Ich verfolge ja keine offiziellen Nachrichten. Aber fast alle meine Freunde hier im Iran mahnen mich zur Vorsicht. Auch in der WhatsApp Radreisegruppe lese ich immer öfter von Warnungen gerade für individual und allein Reisende mit dem Fahrrad im Iran. Reisende wurden von der Sittenpolizei verhaftet, weil sie ein „falsches“ Foto gemacht hatten. Oder einfach nur am falschen Ort waren. Insbesondere wildcampen in der Natur ist gefährlich.
Dann fällt mir ein, dass Tim und Katharina ja auch nach Isfahan wollen. Ich schreibe Tim.
Er antwortet direkt per Sprachnachricht.(Allerdings stürzt das Internet mal wieder ab. Und ich bekomme die Nachricht erst später) Sie sind in Ghom. Und wollen morgen schon in Richtung Isfahan fahren. Allerdings zuerst in das historische Dorf Abyaneh zwischen Kashan und Isfahan.
Da es schon spät ist, werde ich mir erstmal eine Übernachtungsmöglichkeit suchen. Ich fahre ins Stadtzentrum.
Laut Google gibt es in Kashan ein Hostel. Ich fahre zu der angegebenen Adresse. Aber wie so oft, (und insbesondere hier im Iran) finde ich dort kein Hotel oder Hostel. Ich frage Passanten. Auch das ist aufgrund der Sprachbarriere schwierig. Das Wort Hostel kennt niemand. Ich werde zu einem Hotel geschickt. Aber das kann ich mir nicht leisten. Dann komme ich mit einigen Männern ins Gespräch
Sie laden mich zum Çay ein. Die Verständigung klappt mit einigen Brocken englisch.
Dann laden Sie mich zum Essen in die Wohnung ein.
Mein Fahrrad tragen wir zusammen ins Fleischereigeschäft im vorderen Teil des Hauses.
Im Wohnzimmer gibt es ein Sofa und einen Tisch. (Das ist im Iran unüblich). Die Frau bringt mir Essen. Unter anderem Fladenbrot, Fleisch, Gemüse, Obst. Und natürlich Çay. Es ist richtig viel. Und sehr lecker.
Hier im Haushalt gibt es 2 Frauen. Mutter und Tochter. Sie bringen das Essen. Sind aber sonst im Hintergrund. Die Männer unterhalten sich mit mir.
Im Fernsehen laufen überwiegend Nachrichten. Meldungen zu den Protesten hier im Iran. Ich verstehe nicht, was gesagt wird. Und kann auch die Schrift nicht lesen. Die Bilder zeigen Straßenschlachten. Brennende Autos. Gewalt. Mein Gastgeber sagt, dass das in Teheran ist.
Zwischendurch wird immer wieder das Iranische Staatsoberhaupt eingeblendet. Er gibt offenbar eine Stellungnahme dazu ab.
Auf mich wirkt das Unwirklich. Übertrieben. Wie Propaganda.
Später wird mir angeboten, dass ich duschen kann.
In der Zwischenzeit bereiten die Frauen mein Nachtlager auf dem Teppich vor. Sie gehen dann ins obere Stockwerk.
Mein Gastgeber schläft auch im Wohnzimmer auf dem Teppich. Kurz nach Mitternacht macht er das Licht aus. Ich bin dann noch am Handy. Beantworte Nachrichten und schreibe einen Facebook Post.
Gegen 1 Uhr schlafe ich. Meine Zitrone lasse ich heute ausfallen.
Auch heute fällt es mir mal wieder auf…die Männer bestimmen hier alles.
Auf der Straße sieht man (besonders in den Dörfern) nur wenige Frauen. Und wenn, dann oft schwarz verschleiert. Mit gesenktem Kopf. Sehr zurückhaltend. Sie werden von iranischen Männern nicht angesprochen. Und sprechen auch mit keinem anderen Mann. Gehen auch mir aus dem Weg, damit ich ja nicht auf die Idee komme, sie anzusprechen.
Wenn Iranische Männer mit Touristen reden, dann nur mit dem Mann. Frauen werden nicht beachtet. Nahezu alle Gespräche führe ich nur mit Männern. Männer laden mich ein. Und auch in der Wohnung ist es so. Die Frauen sind auch hier verschleiert, kochen und bewirten mich. Essen aber nicht mit uns Männern zusammen.
Für mich ist das sehr befremdlich. Unreal.
Und ja...Die Rolle der Frau hinterlässt einen sehr negativen negativen Eindruck von diesem an sich wundervollen Land auf mich. Das ist einer der Gründe warum ich mein Visum nicht verlängern möchte.
Ja...Der Islam ist eine tolle und interessante Religion. Aber so wie die Worte aus dem Koran in diesem Land ausgelegt werden, geht es gar nicht.
Ein weiterer Grund das Visum nicht zu verlängern ist finanziell. Im Iran ist es nahezu unmöglich, mit europäischen Bankkarten an Bargeld zu kommen. Zur Zeit habe ich noch genug Bargeld. Für diesen Monat. Aber es wird nicht bis Ende Dezember reichen.
Deshalb werde ich dieses Land spätestens am 15. November verlassen. Sehr wahrscheinlich nach Pakistan.
Damit habe ich noch 30 Tage Zeit.
Support. Kashan. Difficulties. Hospitality. Further planning
Thursday, 13 October (Day 13 in Iran)
Motorbikes drive through the park at night. Again and again around our camp. People walk close to my tent. 2 young men sit down on Hauke's motorbike. They take photos. Hauke comes out of the tent and gets upset. The men discuss with Hauke. But then they leave again.
It is 5:20 am. Actually I want to stay awake and write my diary. At 5:30 the alarm clock rings.
But I am too tired. And go back to sleep.
I don't wake up until about 6:40. First I go to the washbasins and wash myself. Medha pays the fee for my Pakistan Visa with her credit card. It is a support for my trip.
With it, I start the online application for the visa today.
Around 9.30am we have breakfast together.
Later, I take a short walk into the beautifully landscaped upper part of the park.
At noon the others leave. We say goodbye. Tim and Katharina drive back to Ghom. I have already been there.
It will take me a while to get there. And I can take my time. I only want to go as far as the railway station in Kashan today. And then by train to Isfahan. According to Google, there are train connections from Kashan to Isfahan. I use the time to fill out the application. I answer all the questions. And send it off.
Then I take down the tent. Pack up my things. And load the bike. At 3:10 pm I am ready to go. I leave our camp and the Bam-e Shahr Park. Around 15:30 I am on the road towards Kashan. It is 15 km to the railway station. Around 17:30 I arrive there. There is no timetable notice. I cannot read the signs. I ask at the counter for a connection to Isfahan. But to my surprise, there are no trains from here to Isfahan! The connections shown in Google do not exist!
This proves once again that Google is useless here in Iran.
Buses apparently don't run either. Or I can't find a bus station or read the signs. Alone, without language skills and with false information from the internet, one is lost in this country.
Under such conditions, I can understand why hardly any tourists come to this beautiful country. Apart from the current situation. And an impossible cash supply.
For a while I think about what to do next.
Today I will spend the night here in town. And then tomorrow I will cycle towards Isfahan. It's about 200 km to my next stopover. The whole distance would go beyond my time frame. Besides, the situation here in Iran is actually becoming more and more "dangerous".
I don't follow official news. But almost all my friends here in Iran are urging me to be careful. In the WhatsApp cycling travel group, I also read more and more warnings for individual and solo travellers with bicycles in Iran. Travellers were arrested by the morality police because they had taken a "wrong" photo. Or were simply in the wrong place. Especially wild camping in nature is dangerous.
Then I remember that Tim and Katharina also want to go to Isfahan. I write to Tim.
He replies directly by voice message. (However, the internet crashes again. And I only get the message later) They are in Ghom. And they want to leave tomorrow in the direction of Isfahan. But first to the historic village of Abyaneh between Kashan and Isfahan.
As it is already late, I will look for a place to stay for the night. I drive to the city centre.
According to Google, there is a hostel in Kashan. I drive to the address given. But as so often, (and especially here in Iran) I find no hotel or hostel there. I ask passers-by. This is also difficult because of the language barrier. Nobody knows the word hostel. I am sent to a hotel. But I cannot afford it. Then I start talking to some men.
They invite me to Çay. The communication works out with a few words of English.
Then they invite me to their flat for dinner.
Together we carry my bicycle to the butcher's shop in the front part of the house.
There is a sofa and a table in the living room. (This is unusual in Iran). The woman brings me food. Among other things, flat bread, meat, vegetables, fruit. And of course Çay. It's really a lot. And very tasty.
There are two women in this household. Mother and daughter. They bring the food. But otherwise they are in the background. The men talk to me.
On the television there is mostly news. News about the protests here in Iran. I don't understand what is being said. And I can't read the writing either. The pictures show street fighting. Burning cars. Violence. My host says that this is in Tehran.
In between, the Iranian head of state is shown again and again. He apparently makes a statement about it.
It seems unreal to me. Exaggerated. Like propaganda.
Later I am offered a shower.
In the meantime, the women prepare my bed for the night on the carpet. They then go upstairs.
My host also sleeps in the living room on the carpet. Shortly after midnight he turns off the light. I am then still on the mobile phone. Answer messages and write a Facebook post.
Around 1 o'clock I am asleep. I skip my lemon today.
Today I notice it again...the men rule everything here.
You only see a few women on the street (especially in the villages). And when you do, they are often veiled in black. With their heads down. Very reserved. They are not approached by Iranian men. Nor do they speak to other men. They also stay out of my way so that I don't get the idea of talking to them.
When Iranian men talk to tourists, they only talk to the man. Women are ignored. Almost all conversations I have are with men. Men invite me. And it's the same in the flat. The women are veiled here too, they cook and entertain me. But they don't eat with us men.
For me this is very strange. Unreal.
And yes...the role of women leaves me with a very negative impression of this wonderful country. That's one of the reasons why I don't want to renew my visa.
Yes...Islam is a great and interesting religion. But the way the words of the Koran are interpreted in this country, it is not possible at all.
Another reason not to extend the visa is financial. In Iran, it is almost impossible to get cash with European bank cards. At the moment I still have enough cash. For this month. But it won't last until the end of December.
Therefore, I will leave this country on 15 November at the latest. Most probably to Pakistan.
That gives me another 30 days.