Sonntag, 11. September
Auch an diesem Sonntag klingelt der Wecker um 7. Als ich aus dem Zelt gucke, sehe ich, dass ich in einer nassen und bizarren Welt bin. Es ist neblig. Und regnet etwas. Mein Zelt steht im Gestrüpp direkt am Abgrund. Zunächst ist durch den Nebel nicht viel zu erkennen. Selbst die nahe Straße und die Imbissbuden sind nicht zu sehen. Ich wasche mich erstmal. Da ich in einer Senke stehe, ist das gar nicht so einfach. Heute nutze ich den Hinterausgang vom Zelt. Dort hatte ich das Vorzelt ja nicht aufgebaut, aber das macht nichts. Ich kann mich direkt über den Abgrund mit Wasser übergießen. Das Wasser ist eiskalt. Aber ich bin nach 2 Jahren an kaltes Wasser gewöhnt.
Da es regnet, lasse ich mir Zeit. Ich bin bei Facebook. Schreibe einen kurzen Post. Und lade Fotos von den letzten Tagen hoch.
Ab etwa 9 schreibe ich Tagebuch. Um 10:15 Uhr breche ich das allerdings ab. Der Regen lässt nach. Ich kann bald weiter fahren. Erstmal frühstücke ich im Zelt. Ich esse Müsli mit Obst und Nüssen.
Dann gehe ich rüber zum Imbiss. Ich bestelle eine großen Americano Kaffee. Die Frau bringt mir einen kleinen Becher. Und eine Kanne türkischen Kaffee. 3 x füllt sie meinen Becher mit dem starken schwarzen Kaffee nach. Jetzt bin ich wach.
Ab 12:40 Uhr packe ich meine Sachen zusammen. Jetzt schiebe ich das Fahrrad vorsichtig an den Baum. Zur Sicherheit verzurre ich es mit dem Spanngurt.
Es dauert lange, bis sich der Nebel verzieht. Heute ist es allerdings recht kalt. Zum ersten Mal brauche ich meine Jacke.
Hier liegt sehr viel Müll. Wie immer sammle ich eine kleine Menge davon ein. Und nehme ihn mit.
Zuletzt baue ich das Zelt ab.
Um 14:20 Uhr bin ich startklar. Ich schiebe das Rad zur Straße. Und folge weiter meiner Kommot Route. Bis nach Jerewan sind es noch etwa 87 km. Ich bleibe den ganzen Tag auf der M4.
Jetzt habe ich eine wunderschöne Aussicht. Stellenweise ist es aber immer noch neblig.
Und es geht immer noch bergauf. Die meiste Zeit schiebe ich. Nach etwa 40 Minuten komme ich an einem der vielen Stände mit gekochten Maiskolben vorbei. Ich halte an. Und bestelle einen. Die Verkäuferin entnimmt ihn aus dem großen Topf und gibt Salz darüber. Beim Essen komme ich kurz mit einer Familie ins Gespräch. Die Tochter spricht mich direkt auf englisch an.
Ab etwa 15:20 Uhr schiebe ich weiter bergauf. Die Steigung zieht sich doch noch lange hin.
Nach einer Weile überholt mich eine Frau mit dem Fahrrad. Sie hält an. Wir unter uns kurz auf englisch. Maude kommt aus Frankreich. Und ist auch auf Fahrradreise. Ebenfalls über Iran – Pakistan auf dem Weg nach Indien. Allerdings ist sie viel schneller unterwegs als ich. Mit viel weniger Gepäck. Sie fährt dann auch zügig weiter. Ich schiebe weiter. Teilweise fahre ich.
Um 15:50 Uhr komme ich zu einem Tunnel. Ich sehe kein Schild auf dem angegeben ist wie lang er ist. Und die Fahrbahn ist zunächst eben. Also fahre ich.
Der Tunnel ist doch viel länger als gedacht. Und nach einer Weile geht es leicht bergauf. Das Fahren erfordert höchste Konzentration und ist sehr anstrengend. Die Autos fahren teilweise mit hoher Geschwindigkeit an mir vorbei. Ich muss höllisch aufpassen, nicht zu weit nach links auf die Fahrbahn zu kommen. Aber auch rechts ist kein Platz. Es gibt keinen Seitenstreifen. Nur einen Sockel mit einer recht hohe Betonkante. Und in unregelmäßigen Abständen sind Gullis. Die ich lieber umfahre, um in den Gittern nicht zu stürzen. Außerdem ist es durch das Hallen der vielen Auto und LKW Motoren sehr laut im Tunnel. Besonders als eine Kolonne Motorräder extrem laut und mit sehr hoher Geschwindigkeit an mir vorbeifährt, komme ich an meine Belastungsgrenze. Ich bin am Ende meiner Kräfte. Schaffe es grad so abzusteigen. Setze mich dann auf den Sockel. Und ruhe mich aus. Es dauert lange, bis ich wieder genug Kraft habe. Das Fahrrad weiter zu schieben.
Um 16:30 Uhr erreiche ich endlich das Ende vom Tunnel. Und damit auch mit 2010 m den höchsten Punkt auf dem Weg nach Jerewan.
Laut Komoot ist der Tunnel 2,36 km lang. Für mich war es gefühlt der längste Tunnel durch den ich je gefahren bin. Ich bin erschöpft. Und brauche erstmal eine Pause.
Ich setze mich neben den Tunnel Eingang. Dann kommen Radfahrer vorbei.
Jevsej und Kaddi, ein französisch-deutsches Paar sind ebenfalls auf Langzeitreise mit dem Fahrrad.
Wir unterhalten uns eine Weile. Die beiden sind auch auf dem Weg nach Jerewan. Allerdings anders herum. Sie fahren jetzt durch den Tunnel.
Um 17:15 Uhr fahre ich weiter. Hier ist es sehr neblig! Aber ab jetzt ist die weitete Strecke nach Jerewan eben. Teilweise geht es sogar bergab. Ich kann wieder fahren. Und folge der M4.
Nach etwa 15 Minuten endet der Nebel.
Kurz darauf komme ich mitten in der Einöde unerwartet an einem großen und modernen Einkaufszentrum vorbei. Hier kaufe ich Lebensmittel. Unter anderem Backwaren, Wurst und Paprika. Und einen 5 l Kanister Trinkwasser. Mit dem ich meinen 6 l Kanister auffülle.
Etwa um 18:20 Uhr fahre ich weiter. Es fängt an zu dämmern. Ich mache mich auf die Suche nach einem Zeltplatz. Rechts von der Straße verlaufen Bahnschienen. Auf einem Damm. Ich kann sie also nicht überqueren, um auf die Freiflächen dahinter zu kommen.
Links ist der Sewansee. Es ist der größte Süßwassersee in Armenien und im gesamten Kaukasus.
Dann komme ich gegen 19 Uhr an einem Tunnel Unter den Bahnschienen vorbei. Das ist die Gelegenheit! Auf der anderen Seite vom Bahndamm ist wie ich es erwartet hatte, eine kilometerweite freie Landschaft. Durch die ein Feldweg führt. Links sind kleinere Hügel und ein Strommast. Hier ist ein (auf den ersten Blick) idealer Platz zum Zelten. Die „wilde“ Mülldeponie auf der anderen Seite vom Weg sehe ich im Halbdunkel nicht. Und der Platz ist doch nicht so ideal. Zwischen den Hügeln ist es enger als gedacht. Mein Zelt passt nicht. Und hier liegt sehr viel Müll
Um mir einen anderen Platz zu suchen, ist es schon zu spät. Ich baue das Zelt schräg zwischen die Hügel. Außerdem ist der Reißverschluss vom hinteren Vorzelt jetzt komplett kaputt. Ich werde mich morgen bei Tageslicht damit befassen. Und ihn mit Panzertape zukleben. Für heute geht es so.
Ich brauche sehr lange bis es einigermaßen steht. Ab etwa 21:20 Uhr bin ich im Zelt. Ich esse noch Backwaren mit Wurst und Paprika. Und trinke meine Zitrone.
Ab 22:30 Uhr schlafe ich.
Ich hatte heute folgende Ausgaben:
Kaffee: 350 AMD
Lebensmittel: 4457 AMD
1 Maiskolben: 500 AMD
Gesamt: 5307 AMD (13,31€)
Ich bin heute 20 km gefahren. Bzw. hab das Fahrrad geschoben.
Nachts habe ich Muskelschmerzen im rechten Arm. Und durch die Schräglage zwischen den Hügeln schlafe ich nicht gut.
On the way to Yerevan. Uphill & in the tunnel. At Lake Sevan
Sunday, 11 September
Also on this Sunday the alarm clock rings at 7. When I look out of the tent, I see that I am in a wet and bizarre world. It is foggy. And raining a little. My tent is in the undergrowth right on the precipice. At first, not much is visible through the fog. Even the nearby road and the snack bars are not visible. I wash myself first. As I am standing in a hollow, it is not so easy. Today I use the back exit of the tent. I hadn't pitched the awning there, but that doesn't matter. I can pour water over myself directly over the precipice. The water is ice cold. But after 2 years I am used to cold water.
Since it's raining, I take my time. I am on Facebook. Write a short post. And upload photos from the last few days.
From about 9 I write diary. At 10:15, however, I break it off. The rain lets up. I can soon continue. First I have breakfast in the tent. I eat muesli with fruit and nuts.
Then I walk over to the snack bar. I order a large Americano coffee. The woman brings me a small cup. And a pot of Turkish coffee. She refills my cup 3 times with the strong black coffee. Now I am awake.
From 12:40 I pack up my things. Now I carefully push the bicycle to the tree. For safety's sake I tie it down with the tension belt.
It takes a long time for the fog to clear. But today it is quite cold. For the first time I need my jacket.
There is a lot of rubbish here. As usual, I collect a small amount of it. And take it with me.
Finally I take down the tent.
At 14:20 I am ready to go. I push the bike to the road. And continue to follow my Kommot route. It is still about 87 km to Yerevan. I stay on the M4 all day.
Now I have a beautiful view. But in places it is still foggy.
And it is still uphill. Most of the time I push. After about 40 minutes I pass one of the many stalls with boiled corn on the cob. I stop. And order one. The vendor takes it out of the big pot and puts salt on it. While eating, I briefly strike up a conversation with a family. The daughter speaks to me directly in English.
From about 15:20 I push on uphill. The uphill stretch goes on for a long time.
After a while, a woman on a bicycle overtakes me. She stops. We chat briefly in English. Maude is from France. She is also on a bicycle journey. She is also on her way to India via Iran - Pakistan. However, she is travelling much faster than me. With much less luggage. She then continues her journey quickly. I push on. Partly I drive.
At 15:50 I come to a tunnel. I see no sign indicating how long it is. And the road is flat at first. So I drive.
The tunnel is much longer than I thought. And after a while it goes slightly uphill. Driving requires the utmost concentration and is very exhausting. Some of the cars pass me at high speed. I have to be careful as hell not to get too far to the left on the lane. But there is no room on the right either. There is no hard shoulder. Only a plinth with a rather high concrete edge. And there are gullies at irregular intervals. I prefer to drive around them so as not to fall in the grates. It is also very noisy in the tunnel due to the halls of the many car and lorry engines. Especially when a column of motorbikes passes me extremely loudly and at very high speed, I reach my breaking point. I am at the end of my tether. I just manage to get off. Then I sit down on the pedestal. And rest. It takes a long time until I have enough strength again. To keep pushing the bike.
At 16:30 I finally reach the end of the tunnel. And with it, at 2010 m, the highest point on the way to Yerevan.
According to Komoot, the tunnel is 2.36 km long. For me, it felt like the longest tunnel I had ever driven through. I am exhausted. And I need a break.
I sit down next to the tunnel entrance. Then cyclists pass by.
Jevsej and Kaddi, a French-German couple, are also on a long-term journey by bicycle.
We talk for a while. They are also on their way to Yerevan. But the other way round. They are now cycling through the tunnel.
At 17:15 I continue my journey. It is very foggy here! But from now on, the long stretch to Yerevan is flat. In parts it even goes downhill. I can drive again. And follow the M4.
After about 15 minutes the fog ends.
Shortly afterwards, in the middle of the wasteland, I unexpectedly pass a large and modern shopping centre. Here I buy groceries. Among other things, baked goods, sausage and peppers. And a 5 l canister of drinking water. With which I fill up my 6 l canister.
At about 18:20 I drive on. It starts to dawn. I start looking for a campsite. To the right of the road are railway tracks. On an embankment. So I can't cross them to get to the open spaces behind.
On the left is Lake Sevan. It is the largest freshwater lake in Armenia and in the entire Caucasus.
Then, around 7 pm, I pass a tunnel under the railway tracks. This is the opportunity! On the other side of the railway embankment is, as I had expected, a kilometre-wide open landscape. A dirt road leads through it. On the left are small hills and an electricity pylon. Here is (at first glance) an ideal place to camp. I don't see the "wild" rubbish dump on the other side of the path in the half-light. And the site is not so ideal after all. Between the hills it is narrower than I thought. My tent doesn't fit. And there is a lot of rubbish here
It is already too late to look for another spot. I pitch the tent diagonally between the hills. Besides, the zip of the rear awning is now completely broken. I'll deal with it tomorrow in daylight. And tape it shut with duct tape. For today it goes like this.
It takes me a long time to get it up and running. From about 21:20 I am in the tent. I eat some baked goods with sausage and peppers. And drink my lemon.
From 22:30 I sleep.
I had the following expenses today:
Coffee: 350 AMD
Food: 4457 AMD
1 corn on the cob: 500 AMD
Total: 5307 AMD (13,31€)
I rode 20 km today. Or rather I pushed the bike.
At night I have muscle pain in my right arm. And I don't sleep well because of the incline between the hills.