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Der Traum. Gedanken. Ankunft in Çile

<Das war der Freitag 

Samstag, 29. Januar 

Nachts ist es recht kalt im Zelt. Etwa 0 Grad. Aber ich kuschel mich warm angezogen in meinen Schlafsack. So ist es erträglich.


Ich träume, dass ich mit Fahrrad bis ans Ende der Welt gefahren bin. Bis nach Südamerika…Feuerland. Bis es nicht mehr weiter geht. Ich zelte direkt am Meer. Und schreibe einen Facebook Post. Das ich von meinen Heimatort Liebenau bis zum Ende der Welt gefahren bin. Und ab morgen um die Welt zurück nach Liebenau fahre.

...


Dann ist es 6 Uhr. Der Wecker klingelt. Und reißt mich aus meinem Traum. Ich denke aber noch lange darüber nach. Und ich weiß, dass ich ihn verwirklichen werde!

Die Strecke von Liebenau bis zu meinem jetzigen Wohnort auf dem Hof in Sachsen bin ich 2019 schon mit dem Fahrrad gefahren. (Allerdings andersrum)

Und seit August 2020 bin ich auf dem Weg nach Hiroshima...


Erstmal bin ich mit dem Handy bei Facebook. Und beantworte Nachrichten. 

Ab 6:45 Uhr kuschel ich mich mit dem Tablet in den Schlafsack. Und schreibe Tagebuch. Ich schreibe meinen Traum direkt auf. Bevor ich ihn vergesse. Gegen 9 ist mein Tagebuch wieder auf dem neuesten Stand.

Ich starte in den Tag.

Heute morgen ist es doch recht frisch. Das Zelt ist gefroren. Und mein Wasser ist eiskalt. Ich wasche mich nur kurz. Dann packe ich meine Sachen im Zelt zusammen. Und belade das Fahrrad.  Zwischendurch sammle ich den Müll ein, der hier liegt. Zuletzt baue ich das Zelt ab. Kurz nach 11 bin ich startklar. Ich schiebe das Rad zur Tankstelle.

Hier wärme ich mich mit heißem Cappuccino auf, frühstücke Baguette und Studentenfutter. Und unterhalte mich mit den Mitarbeitern.

Gegen 12 fahr ich weiter. Bis nach Çile sind es noch etwa 29 km. Das möchte ich heute schaffen. Schon nach wenigen Metern führt das Navi mich von der Bundesstraße runter. Und auf eine Nebenstrecke. Hier verläuft eine Bahnstrecke der TCDD (Türkische staatliche Eisenbahnen).

Gegen 12:30 Uhr komme ich an eine Stelle an der ich laut Navi die Schienen überqueren soll. Aber das ist nicht möglich. Auf beiden Seiten der Bahntrasse sind Gitter und der Weg endet auf einem Feld. Es gibt keine Möglichkeit auf die andere Seite zu kommen. Ich fahre zurück. Komme dann durch ein Gebiet mit vielen langgezogenen und teilweise zerstörten Gewächshäuser. Die meisten sind zur Zeit noch nicht genutzt. In einigen wird aber bereits gearbeitet. Ich ignoriere mein Navi, dass mich immer wieder zurück schickt. Und versuche über die Schienen zu kommen. Aber es ist alles vergittert.

Gegen 13 Uhr erreiche ich den Bahnhof Cumaovasi, der zur Stadt Menderes gehört. Hier ist laut meiner Komoot Karte ein Übergang auf die andere Seite der Schienen. Aber auch hier ist alles vergittert. Es gibt nur einen Tunnel zu den Bahnsteigen. Der Zugang ist über eine Treppe. Und es gibt einen Fahrstuhl. Dort ist ein Verbotsschild für Fahrräder. Das ignoriere ich. Und fahr mit dem Rad runter. Und auf der anderen Seite vom Gleis wieder hoch. Allerdings komme ich hier auch nicht weiter. Es gibt noch ein 3. Gleis. Dann spricht mich ein Bahnmitarbeiter an. Schnell stellt sich heraus, dass er deutsch kann. Also unterhalten wir uns auf deutsch. Ich sage, dass ich aus Izmir komme. Und nach Aydin möchte. Er sagt, dass ich das 3. Gleis auch noch unterqueren muss. Dann hilft er mir mein Rad die Treppe runter zu tragen. Beim 3. Gleis ist auch ein Fahrstuhl. Er begleitet mich noch dorthin. Ich fahr hoch. Jetzt komme ich direkt an der Straße raus. Mein Navi erkennt die geänderte Route. Um 13:10 verlasse ich den Bahnhof und fahre weiter. Später komme ich wieder auf meine ursprüngliche Route. Ich folge der Nebenstrecke. 

Hier hab ich Zeit zum nachdenken.

Mir geht mein Traum nicht aus dem Kopf. Spätestens jetzt ist mir klar, dass ich es machen werde. Im Hinterkopf hatte ich es schon lange. Schon seit meiner Kindheit. Ich konnte kaum lesen. Da hab ich schon dicke Bücher über Christoph Columbus gelesen. Und über Magellan, der ab 1519 die erste Weltumsegelung initiierte. Dieses Buch über die erste Weltumrundung faszinierte mich! Schon damals hatte ich den Traum „ irgendwann mache ich das auch". Dann, 2018 im Krankenhaus, kam mir der Gedanke  - der Traum zu dieser Reise nach Hiroshima. Seitdem plante ich die Umsetzung. Jetzt mache ich es. Ich lebe meinen Traum. Meine konkrete Planung geht allerdings nur bis nach Hiroshima. Aber eigentlich weiß ich schon von Anfang an, dass ich danach weiter fahren werde. Ich werde mit dem Fahrrad um die Welt fahren. In Richtung Australien….bis ans Ende der Welt. Bis zur argentinischen Stadt Ushuaia auf der Inselgruppe Feuerland. Ushuaia gilt als die südlichste Stadt der Welt. Und von dort aus durch Südamerika und Nordamerika bis nach Canada. Dann über Afrika zurück nach Europa. (Über die Ozeane natürlich mit Schiff)

Mein eigentliches Ziel ist wieder Dresden. Für diese Weltumrundung mit dem Fahrrad werde ich etwa 15 - 20 Jahre brauchen.

Einigen Freunden hab ich es bereits erzählt. Und hin und wieder erwähne ich es so nebenbei. Aber eigentlich möchte ich es noch nicht in die große Öffentlichkeit bringen. Für die große Öffentlichkeit fahre ich nach Hiroshima. Dann seh weiter...

Auch heute sehe ich wieder sehr viel Müll am Straßenrand. Der achtlos weggeworfene Müll in der Natur und allgemein der Umgang mit dem Müll bzw. die nicht vorhandene Mülltrennung ist etwas was mich an diesem wunderschönem Land gewaltig stört. Es ist in der Türkei genau wie in Albanien. Eigentlich in jedem Land in dem ich bisher war. Nur in Deutschland wird Mülltrennung staatlich vorgeschrieben. Und die Vorschriften werden umgesetzt. Klar…Vorschriften gibt es in jedem Land. Nur außer in Deutschland interessiert sich kaum jemand dafür. Sie werden besonders in Ländern wie Albanien und der Türkei (außerhalb der EU) schlicht nicht umgesetzt. Oder nur in Ansätzen. Für die Touristen.

Ich halte von Vorschriften überhaupt gar nichts. Für mich ist klar, dass ich keinen Müll in die Natur schmeiße. Und das ich meinen Müll trenne (wenn es eine entsprechende Entsorgungsmöglichkeit gibt). Das sagt mir der gesunde Menschenverstand. Ich hab schon 1997 in meiner ersten eigenen Wohnung meinen Müll fein säuberlich getrennt. Und jetzt, 2022 bin ich in der Türkei gezwungen, alles in eine Tonne zu schmeißen. Aufgrund fehlender Recycling Möglichkeiten. 

Das mangelnde Umweltbewusstsein der Menschen ist meiner Meinung nach ein Problem der Erziehung und falscher Vorbilder. Woher sollen Kinder lernen was richtig oder falsch ist? Meiner Meinung nach sollte der verantwortungsbewusste Umgang mit dem Müll weltweit in allen Schulen unterrichtet werden. Und natürlich sollten Erwachsene ein gutes Vorbild sein.

Auch heute werde ich mehrmals von Hunden verfolgt. Teilweise sind es große Hunde. Und oft in Rudeln. Aber mich beeindruckt das nicht mehr. Ich fahre dann immer ganz ruhig weiter.

Um 13:50 Uhr komme ich auf die Hauptverkehrsstraße 35.51.

Ab etwa 15:30 Uhr mache ich Pause in einem tollen Restaurant. Ich esse Kebap. Um 16:20 Uhr fahre ich weiter.

Nach 2 Tagen ist mir klar, dass das Solarpanel nichts taugt. Das Handy entlädt viel schneller, als es nachgeladen wird.

Außerdem fällt an einer Bodenwelle mein Fahrradschloss ab. Ich hatte den Halter mit 2 großen Kabelbindern befestigt. Sie haben immerhin 17 Monate gehalten.

Um 16:50 Uhr erreiche ich den Ort Çile. Hier führt das Navi mich auf eine Nebenstraße. Auf dem letzten Kilometer geht es bergauf. Ich schiebe.

Um etwa 17:20 Uhr erreiche ich das abgelegene Haus von Bilge und Koray. Ich werde sehr herzlich aufgenommen. Die beiden leben auf einem großen Anwesen mit mehreren Katzen und 2 Hunden. Ich bekomme ein eigenes Zimmer. Und werde gleich zum Essen eingeladen. Mit Bilge unterhalte ich mich sehr gut auf englisch. Die Verständigung mit Koray klappt auf englisch oder „irgendwie“ ich verbringe einen ruhigen Abend am Kamin im Wohnzimmer. Dann verabschiedet Bilge sich schon wieder. Sie fliegt heute Nacht von Izmir nach Istanbul. Und kommt erst in etwa 1 Woche wieder. Ich bleibe voraussichtlich nur 2 oder 3 Tage hier.

Ab etwa 21 Uhr bin ich in meinem Zimmer. Ich bin noch eine Weile bei Facebook. Und schreibe mit Freunden. Und ich schreibe der Fahrradwerkstadt in Antalya. Frage, ob sie mir ein gutes Solarpanel besorgen können.

Später trinke ich noch meine Zitrone.

Ab 23 Uhr schlafe ich.

Ich bin heute 34 km gefahren. 

So geht es morgen weiter>

The dream. Thoughts. Arrival in Çile

<That was Friday 

Saturday, 29 January 

It is quite cold in the tent at night. About 0 degrees. But I snuggle into my sleeping bag, warmly dressed. It's bearable that way.


I dream that I have cycled to the end of the world. All the way to South America...Fireland. Until I can go no further. I camp right by the sea. And write a Facebook post. That I cycled from my hometown Liebenau to the end of the world. And from tomorrow I'm going around the world back to Liebenau.


...


Then it's 6 o'clock. The alarm clock rings. And pulls me out of my dream. But I think about it for a long time. And I know that I will make it come true! I have already cycled the distance from Liebenau to my current home on the farm in Saxony in 2019. (But the other way round)

And since August 2020, I've been on my way to Hiroshima....


For now, I'm on Facebook with my mobile phone. And answer messages. 

From 6:45 a.m. I snuggle into my sleeping bag with my tablet. And write a diary. I write down my dream directly. Before I forget it. Around 9, my diary is up to date again.

I start the day.

It is quite fresh this morning. The tent is frozen. And my water is ice cold. I only wash briefly. Then I pack up my things in the tent. And load the bike.  In between, I collect the rubbish that is lying here. Finally I take down the tent. Shortly after 11 I am ready to go. I push the bike to the petrol station.

Here I warm up with a hot cappuccino, have a baguette and trail mix for breakfast. And talk to the staff.

Around 12 I ride on. It's still about 29 km to Çile. I want to make it today. After just a few metres, the sat nav takes me off the main road. And onto a side road. A railway line of the TCDD (Turkish State Railways) runs here.

Around 12:30 I reach a place where the sat nav tells me to cross the tracks. But that is not possible. There are grids on both sides of the railway track and the path ends in a field. There is no way to get to the other side. I drive back. Then I pass through an area with many long and partly destroyed greenhouses. Most of them are not in use at the moment. But some are already being worked on. I ignore my sat nav, which keeps sending me back. And try to get across the tracks. But everything is barred.

Around 1 pm I reach Cumaovasi station, which belongs to the town of Menderes. According to my Komoot map, there is a crossing to the other side of the tracks. But here, too, everything is barred. There is only one tunnel to the platforms. Access is via a staircase. And there is a lift. There is a prohibition sign for bicycles. I ignore that. And ride my bike down. And up again on the other side of the track. But I can't get any further here either. There is a third track. Then a railway employee speaks to me. It soon turns out that he knows German. So we talk in German. I tell him that I come from Izmir. And that I want to go to Aydin. He tells me that I also have to cross under the third track. Then he helps me carry my bike down the stairs. There is also a lift at the third platform. He accompanies me there. I ride up. Now I come out directly at the street. My sat nav recognises the changed route. At 13:10 I leave the station and continue. Later I rejoin my original route. I follow the side road. 

Here I have time to think.

I can't get my dream out of my head. Now, at the latest, it's clear to me that I'm going to do it. It had been in the back of my mind for a long time. Ever since I was a child. I could hardly read. By then I was already reading thick books about Christopher Columbus. And about Magellan, who initiated the first circumnavigation of the world in 1519. This book about the first circumnavigation of the world fascinated me! Even back then I had the dream "one day I'll do it too". Then, in 2018 in the hospital, the thought came to me - the dream to make this trip to Hiroshima. Since then, I have been planning to make it happen. Now I am doing it. I am living my dream. However, my concrete planning only goes as far as Hiroshima. But actually I already know from the beginning that I will go further after that. I will cycle around the world. In the direction of Australia....to the end of the world. To the Argentinian city of Ushuaia on the Fireland Archipelago. Ushuaia is considered the southernmost city in the world. And from there through South America and North America to Canada. Then back to Europe via Africa. (Across the oceans by ship, of course).

My actual destination is Dresden again. It will take me about 15-20 years to cycle around the world.

I've already told a few friends. And every now and then I mention it in passing. But I don't really want to bring it out in the open yet. For the big public, I'm going to Hiroshima. Then see further...

Today, too, I see a lot of rubbish by the roadside. The carelessly discarded rubbish in nature and the general way of dealing with rubbish and the lack of waste separation is something that really bothers me about this beautiful country. It is the same in Turkey as in Albania. Actually in every country I have been to so far. Only in Germany is waste separation prescribed by the state. And the regulations are implemented. Sure...there are regulations in every country. But apart from Germany, hardly anyone is interested in them. Especially in countries like Albania and Turkey (outside the EU) they are simply not implemented. Or only in rudimentary form. For the tourists.

I don't think much of regulations at all. For me it is clear that I do not throw rubbish into nature. And that I separate my rubbish (if there is an appropriate disposal option). That's what common sense tells me. I already separated my waste neatly in 1997 in my first own flat. And now, in 2022, I am forced to throw everything into a bin in Turkey. Because of the lack of recycling possibilities. 

In my opinion, people's lack of environmental awareness is a problem of education and false role models. Where are children supposed to learn what is right or wrong? In my opinion, the responsible handling of waste should be taught in all schools worldwide. And of course adults should be good role models.

Even today I am being chased by dogs several times. Some of them are big dogs. And often in packs. But I am no longer impressed. I always drive on calmly.

At 13:50 I get onto the main 35.51 road.

From about 15:30 I take a break in a great restaurant. I eat kebap. At 16:20 I drive on.

After 2 days I realise that the solar panel is no good. The mobile phone discharges much faster than it recharges.

In addition, my bicycle lock falls off on a bump. I had fastened the holder with 2 large cable ties. They lasted 17 months, after all.

At 16:50 I reach the village of Çile. Here the sat nav leads me onto a side road. The last kilometre is uphill. I push.

At about 17:20 I reach the remote house of Bilge and Koray. I receive a very warm welcome. They live on a large estate with several cats and 2 dogs. I get my own room. And I am immediately invited to dinner. I talk very well with Bilge in English. The communication with Koray works in English or "somehow". I spend a quiet evening by the fireplace in the living room. Then Bilge says goodbye again. She is flying from Izmir to Istanbul tonight. She won't be back for about a week. I will probably only stay here for 2 or 3 days.

From about 9 pm I am in my room. I'll be on Facebook for a while. And writing with friends. And I write to the bicycle repair shop in Antalya. Ask if they can get me a good solar panel.

Later I drink my lemon.

From 11 pm I sleep.


I have cycled 34 km today. 

This is how it will continue tomorrow>

Mein Zeltplatz

Auf der Straße

Ein ruhiger Abend