Freitag, 05. November
Um 6 klingelt der Wecker. Als erstes schreibe ich Tagebuch. Heute beginnt der Gebetsaufruf genau um 6:32 Uhr. Zwischendurch schlafe ich nochmal für 1 Stunde. Damit ich heute Abend fit bin.
Um 10:30 Uhr gehe ich in den Aufenthaltsraum frühstücken. Marya hat wieder ein tolles Frühstück für uns gemacht. Ab etwa 11:10 Uhr arbeite ich wieder an meinem Tagebuch. Um 11:50 Uhr ertönt wieder der Gebetsaufruf aus der nahen Moschee. Dann wird über Lautsprecher das Freitagsgebet übertragen. Um 13:15 Uhr Ist mein Tagebuch auf dem neuesten Stand. Zum Berichte hochladen reicht die Zeit nicht mehr. Ich mach das Tablet aus. Dusche und rasiere mich. Der Hostel Mitarbeiter gibt mir den Tipp, dass ich eine meiner letzten Fahrkahrten für die Fähre noch einmal benutzen kann. Es ist eine 3erKarte. Steht zumindest drauf.
Um 14:30 Uhr gehe ich los. Diesmal gehe ich direkt zum Fähranlieger Kadiköy. Um 15 Uhr komme ich dort an. Um 15:15 Uhr soll eine Fähre fahren. Aber die Drehkreuze zur Fähre sind gesperrt. Immer wieder erfolgen Lautsprecherdurchsagen. Auch die Laufschrift auf der Anzeigetafel kann ich nicht lesen. Die ich aber nicht verstehe. Vor den Drehkreuzen stehen viele Menschen. Fast alle tragen eine Maske. Ich fühle mich unwohl. Ich hab auch keine Lust, einen Menschen mit Maske anzusprechen, und zu fragen was hier los ist. Die Maske macht für mich eine Kommunikation unmöglich. Auf Dauer macht mich dieser Maskenzirkus krank. Obwohl ich fast der einzige ohne Maske bin, sagt niemand etwas. Irgendwann tippe ich die türkischen Worte der Laufschrift in den Google Übersetzer. Die Übersetzung ist schlecht. Aber ich weiß jetzt wenigstens, dass die Fähre ausfällt. Gerade als ich gehen will, öffnet ein Mitarbeiter die Absperrung. Die Durchgänge sind wieder freigegeben. Aber ich komme nicht durch, weil meine Karte nicht funktioniert. Hätte ich mir denken können. Ich glaube, das war die Karte die ich mit dem Fahrrad genutzt habe. Also geh ich wieder zurück, und kaufe mir eine neue aus dem Automaten. Diesmal kostet sie nur 8 Lira. Die Tarife hier in Istanbul verstehe ich nicht. Aber es ist mir jetzt egal…ich komme gerade noch rechtzeitig auf die Fähre. Sie ist sehr voll. Und auch hier tragen fast alle eine Maske. Ich bin froh, als ich durch das Gedränge auf dem Oberdeck angekommen bin. Hier ist es nicht ganz so überfüllt. Und einige der Menschen haben ihre Maske abgesetzt. Außerdem hat man von hier aus die Beste Aussicht. Nicht nur auf den Bosporus. Ich stehe direkt neben dem Führerhaus der Fähre. Es ist interessant, zu sehen wie der Kapitän vor seinen Anzeigen und Monitoren sitzt und das Schiff per Joystick steuert.
Gegen 16:20 Uhr legt die Fähre in Karaköy an. Ich bin verwundert. Es ist nicht die Stelle die ich kenne. Ein Blick auf Google Maps bestätigt das. Ich bin zwar in Karaköy. Aber hier gibt es 2 Anlegestellen. Das ist die andere. Damit bin ich etwa 4 km vom Restaurant Yalla Falaffel entfernt. Eigentlich wollte ich vor der Party nochmal dort hin gehen. Und mich verabschieden. Aber das ist zu weit. Ich schaffe es jetzt zeitlich nicht mehr. Also plane ich um. Ich überlege kurz, ob ich noch zur Blauen Moschee gehe. Das sind nur 2,5 km. Aber in die andere Richtung. Dann lasse ich es doch. Es ist Freitag Nachmittag. Und die Stadt ist sehr voll. Ich gehe davon aus, dass es bei dieser berühmten Touristenattraktion auch sehr voll ist. Und ich kann mir vorstellen, dass dort die Maskenpflicht auch kontrolliert wird. Nein…Unter diesen Bedingungen „verzichte" ich. Zumal ich mich nicht als normalen Touristen sehe, der von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten hetzt. Da schlendere ich lieber entspannt durch die Stadt. Bei einem Imbiss esse ich eine Kleinigkeit. Und telefoniere mit Freunden. Dann gehe ich noch zum Taksim-Platz. Das ist ja der zentrale Verkehrsknotenpunkt von Istanbul. Er ist so groß, dass sich die vielen Menschen die hier unterwegs sind gut verteilen. Die Bar wo die Party stattfindet, ist ganz in der Nähe. Ich gehe langsam in diese Richtung.
Pünktlich um 18:30 Uhr komme ich dort an. Ich hatte Sofia schon vorher Geld gegeben, um mich an den Vorbereitungen zu beteiligen. Sofia hat im Obergeschoss von der Bar einen Raum gebucht. Und den Tisch vorbereitet. Da ich ja keinen Alkohol trinke bekomme ich einen Cappuccino zur Begrüßung. Zunächst bin ich der einzige Gast. So nach und nach kommen die anderen. Es wird ein netter Abend. Die allgemeine Kommunikation findet auf englisch statt. Außer mir leben alle hier in Istanbul. Aber sie kommen alle aus den umliegenden Ländern. Also ist es eine internationale Gemeinschaft. Jeder von uns denkt sich einen Fantasienamen für diesen Abend aus. Ich bin „Peace activist" (passend zu meiner Reise) Wir unterhalten uns. Alle finden meine Geschichte toll. Dann spielen wir Spiele. Unter anderem ein Rollenspiel, das mich an das deutsche Rollenspiel Werwolf erinnert. Und ein Spiel bei dem jeder eine berühmte Persönlichkeit ist. Und durch geschickte Fragestellung erraten soll, wer er ist. Ich bin Madonna. Und errate es als erstes.
Um etwa 22 Uhr schließt die Bar. Wir sitzen noch eine Welle draußen zusammen. Dann gehen wir als Gruppe in die Stadt. Ins Nachtleben von Istanbul. Wir gehen in einen Club. Im „Beat" wird es eine tolle Partynacht. Dieser Club ist vergleichbar mit den Clubs die ich aus Deutschland kenne. Die Musik ist überwiegend Black und Charts. Aber auch ältere Klassiker. Alles englische Lieder. Es herrscht ausgelassene Partystimmung. Wie in deutschen Clubs auch werden von Fotografen Fotos für die Website gemacht. Interessanterweise scheinen hier keinerlei Coronaregeln zu gelten. Nur die Türsteher tragen Maskken.
Ich bleibe aber nicht so lange. Freunde von Sofia fahren recht früh. Nach Kadiköy. Sie bieten an, mich mitzunehmen. Das ist gut. Besonders, weil es heute Nacht über dem Bosporus sehr neblig ist. Und keine Fähren fahren. Wir verlassen den Club etwa um 1:15 Uhr. Wir fahren mit einem der gelben Taxis. Den Fahrpreis handeln meine Begleiter vorher aus. Ich gebe 20 Lira dazu. Das ist in Ordnung.
Wir fahren über die große Brücke auf die andere Seite vom Bosporus. Diese nächtliche Taxifahrt ist ein besonderes Erlebnis für mich. Auch wenn ich durch den Nebel nichts sehen kann. Um 1:50 Uhr überquert unser Taxi die eurasische Grenze. (Ich verfolge die Fahrt über Google Maps) Für mich ist es sehr wahrscheinlich das letzte Mal für sehr lange Zeit, dass ich Europa verlasse. Montag fahre ich weiter. Und ich bin absolut entschlossen, dass mein Weg immer weiter nach Osten führt. Egal was kommt, ein zurück nach Europa (Deutschland) ist für mich in der nächsten Zeit ausgeschlossen. Irgendwann komme ich zurück. Mein eigentliches Ziel ist Dresden. Aber das wird noch sehr lange dauern.
Mit diesen Gedanken genieße ich diese Taxifahrt. Sie ist für die Menschen die hier in Istanbul leben alltäglich…normal. Für mich ist es ein bedeutender Schritt auf meinem Weg nach Hiroshima.
Um 2 Uhr hält das Taxi im Zentrum von Kadiköy. Hier steigen wir aus. Ich verabschiede mich. Und gehe die letzten Meter bis zum Hostel zu Fuß. Bis ich dann in meinem Zimmer und im Bett bin ist es 2:50 Uhr.
Dieser Abend war mal wieder richtig toll!Das ist genau das Partyleben was ich immer wollte. Dafür hab ich 2014 mein Haus in meinem Heimatdorf Liebenau verkauft. Ich wollte immer in die Großstadt. Party machen. Das hatte ich eine zeitlang in Hannover. Bis mein Geld aufgebraucht war...
Die Metropole Istanbul übertrifft Hannover und alle Partynächte die ich bisher erlebt habe, um ein vielfaches. Aber trotzdem habe ich in den letzten Tagen immer mehr gemerkt, dass ein Leben in dieser (oder auch jeder anderen Großstadt) nicht mehr das ist, was ich will. Klar…ich liebe es Party zu machen, Menschen kennenzulernen, zu flirten….aber der Preis dafür ist mir zu hoch. Diese moderne Konsumwelt ist einfach nicht mehr meine Welt. Insbesondere die derzeitigen Maßnahmen sind für mich unerträglich und unmenschlich. Das normale Leben in einer Großstadt hat nichts mit dem Partyleben zu tun, wie ich es mir immer gewünscht habe.
Heute durfte ich es für einige Stunden noch einmal erleben. Dafür bin ich sehr dankbar. Aber trotzdem bin ich froh, dass ich Montag weiter fahre. Und ich freue mich auf das was mich im nächsten Abschnitt meiner Reise erwartet.
Party night in Istanbul. For the last time in Europe
Friday, 05 November
The alarm clock rings at 6. The first thing I do is write in my diary. Today the call to prayer starts exactly at 6:32. In between I sleep again for 1 hour. So that I am fit this evening.
At 10:30 I go to the common room for breakfast. Marya has made a great breakfast for us again. From about 11:10 I work on my diary again. At 11:50 the call to prayer sounds again from the nearby mosque. Then the Friday prayer is broadcast over the loudspeakers. At 13:15 my diary is up to date. There is not enough time to upload reports. I turn off the tablet. Take a shower and shave. The hostel staff gives me the tip that I can use one of my last tickets for the ferry again. It is a 3-trip ticket. At least it says so.
At 14:30 I leave. This time I go directly to the Kadiköy ferry terminal. At 15h I arrive there. A ferry is supposed to leave at 15:15. But the turnstiles to the ferry are closed. There are repeated loudspeaker announcements. I can't read the ticker on the display board either. But I don't understand it. There are many people standing in front of the turnstiles. Almost all of them are wearing masks. I feel uncomfortable. I don't feel like approaching a person wearing a mask and asking what's going on. The mask makes communication impossible for me. In the long run, this mask circus makes me sick. Although I'm almost the only one without a mask, nobody says anything. At some point I type the Turkish words of the ticker into the Google translator. The translation is bad. But at least I know now that the ferry is cancelled. Just as I'm about to leave, a staff member opens the barrier. The passageways are open again. But I can't get through because my card doesn't work. I should have guessed. I think it was the card I used with the bike. So I go back and buy a new one from the machine. This time it only costs 8 Lira. I don't understand the tariffs here in Istanbul. But I don't care now...I get on the ferry just in time. It is very full. And here, too, almost everyone wears a mask. I am glad when I get through the crowds to the upper deck. It's not quite so crowded here. And some of the people have taken off their masks. Besides, you have the best view from here. Not only of the Bosporus. I'm standing right next to the cab of the ferry. It is interesting to see how the captain sits in front of his displays and monitors and steers the ship by joystick.
At around 4:20 pm the ferry docks in Karaköy. I am surprised. It is not the place I know. A glance at Google Maps confirms this. I am in Karaköy. But there are two landing stages here. This is the other one. That puts me about 4 km from the Yalla Falaffel restaurant. Actually, I wanted to go there again before the party. And say goodbye. But that's too far. I can't make it now in terms of time. So I change my plans. I briefly consider going to the Blue Mosque. It's only 2.5 km. But in the other direction. Then I decide against it. It is Friday afternoon. And the city is very crowded. I assume it's also very crowded at this famous tourist attraction. And I can imagine that the mask requirement is also controlled there. No...Under these conditions I "do without". Especially as I don't see myself as a normal tourist who rushes from one sight to the next. I prefer to take a relaxed stroll through the city. I have a snack at a snack bar. And I talk to friends on the phone. Then I go to Taksim Square. This is the central traffic junction of Istanbul. It is so big that the many people on the move are well distributed. The bar where the party is taking place is very close by. I walk slowly in that direction.
I arrive there on time at 6:30 pm. I had given Sofia money beforehand to help me with the preparations. Sofia has booked a room upstairs from the bar. And prepared the table. Since I don't drink alcohol, I get a cappuccino as a welcome drink. At first I am the only guest. Little by little, the others arrive. It is a nice evening. The general communication is in English. Apart from me, they all live here in Istanbul. But they all come from the surrounding countries. So it's an international community. Each of us comes up with a fantasy name for the evening. I am "Peace activist" (appropriate to my journey) We talk. Everyone likes my story. Then we play games. Among others, a role-playing game that reminds me of the German role-playing game Werwolf. And a game where everyone is a famous person. And by asking clever questions, guess who he is. I am Madonna. And guess it first.
At about 10 pm the bar closes. We sit together outside for another wave. Then we go into town as a group. Into the nightlife of Istanbul. We go to a club. It's a great party night at the "Beat". This club is comparable to the clubs I know from Germany. The music is mainly black and charts. But also older classics. All English songs. The party atmosphere is exuberant. As in German clubs, photographers take photos for the website. Interestingly, no Corona rules seem to apply here. Only the bouncers wear masks.
I don't stay that long, though. Friends of Sofia leave quite early. To Kadiköy. They offer to give me a lift. That's good. Especially because it is very foggy over the Bosporus tonight. And there are no ferries. We leave the club at about 1:15. We take one of the yellow taxis. My companions negotiate the fare beforehand. I add 20 Lira. That is all right.
We cross the big bridge to the other side of the Bosporus. This nocturnal taxi ride is a special experience for me. Even though I can't see anything through the fog. At 1:50 am our taxi crosses the Eurasian border. (I follow the journey via Google Maps) For me, it is very likely the last time I will leave Europe for a very long time. I'm leaving on Monday. And I am absolutely determined that my path will lead further and further east. No matter what, a return to Europe (Germany) is out of the question for me in the near future. I'll be back at some point. My real destination is Dresden. But that will still take a long time.
With these thoughts, I enjoy this taxi ride. For the people who live here in Istanbul, it is everyday...normal. For me, it is a significant step on my way to Hiroshima.
At 2 o'clock the taxi stops in the centre of Kadiköy. Here we get out. I say goodbye. And walk the last few metres to the hostel. By the time I get to my room and to bed, it is 2.50am.
This evening was really great again! This is exactly the party life I always wanted. That's why I sold my house in my home village Liebenau in 2014. I always wanted to go to the big city. To party. I had that for a while in Hanover. Until my money ran out...
The metropolis of Istanbul surpasses Hanover and all the party nights I have experienced so far many times over. But still, in the last few days I've noticed more and more that living in this (or any other big city) is no longer what I want. Sure...I love partying, meeting people, flirting....but the price is too high for me. This modern world of consumption is simply no longer my world. Especially the current measures are unbearable and inhumane for me. Normal life in a big city has nothing to do with the party life I always wanted.
Today I was allowed to experience it again for a few hours. I am very grateful for that. But still, I'm glad that I'm going on Monday. And I'm looking forward to what awaits me on the next leg of my journey.