Sonntag, 11. Oktober
Nachts fängt es an zu regnen. Um 7 klingelt der Wecker. Es regnet immer noch. Ich wasche mich mit Wasser aus dem Kanister. An diesem regnerischen Sonntagmorgen ist niemand auf dem Waldweg unterwegs, neben dem ich zelte. Ich packe meine Sachen zusammen. Und warte eine Regenpause ab, um das Fahrrad zu beladen. Die Zeit nutze ich, um an meinem Blog zu schreiben. Ich packe alles gut und Wasserfest ein. Decke das Gepäck hinten zusätzlich mit der BW Zeltplane ab. Um 10 fahr ich trotz Regen weiter. Es wird eine sehr nasse und anstrengende Regenfahrt. Ich bin nach kurzer Zeit durchnässt. Auch mein Handy wird nass. Um es zu schützen, fahre ich teilweise ohne Navi. Nach den Schildern. Die Karte lasse ich auch in der Tasche. Fotos kann ich auch nur hin und wieder machen, damit die Kamera nicht zu nass wird. Bis auf das was in den Satteltaschen und hinten unter den Planen ist, wird alles nass. Teilweise regnet es in Strömen. Die neue Regenjacke ist zwar einigermaßen dicht. Aber mich nervt, dass mir die Kapuze immer ins Gesicht fällt. Und vor die Augen. Ich fahre dann immer blind. Einmal stürze ich deswegen. Mir passiert nichts. Aber im Rucksack geht meine Glaswasserflasche kaputt. Wieder mal merke ich, dass Glas für so eine Tour komplett ungeeignet ist! Ich weiß das schon lange. Aber immer wieder nehme ich Gläser mit. Manche Fehler mache ich mehrmals, bevor ich daraus lerne.
Ich werde mir mal Gedanken machen, wie ich in Zukunft verhindern kann, dass mir die Kapuze ins Gesicht fällt. Bei der anderen Regenjacke, die ich ja leider verloren habe, ist mir dieses Problem nicht aufgefallen. Auch der Rucksack ist irgendwann durchnässt. Gut, dass ich das Tablet wasserdicht in einer Plastiktüte eingepackt habe. Ich halte eigentlich nichts von Plastik. Und versuche es im Alltag zu vermeiden. Aber auf so einer Tour ist das der beste Nässeschutz.
Etwa um 14 Uhr mache ich kurz Pause unter einer Autobahnbrücke. Und esse die restlichen Brote von Ingrid. Sonst fahre ich zügig weiter. Ich will heute noch über die Grenze kommen. Um 15:30 Uhr bin ich in Gralla. Auch hier fahr ich zügig durch. Ich fahr größtenteils Hauptstraßen und folge den Schildern nach Spielfeld. Nur das letzte Stück folge ich dem Murradweg. Um 18 Uhr erreiche ich Spielfeld. Ich fahr aber auch nur dran vorbei. Richtung Grenze. Um 18:30 Uhr überquere ich die Grenze. Einfach so. Ohne Kontrolle. Die Straße geht einfach weiter. Ich fahr auch zügig, ohne anzuhalten, durch. Obwohl laut offiziellen Angaben die Grenzüberquerung wegen dem Virus nur noch sehr eingeschränkt möglich sein soll. Einige meiner Freunde haben sich ja seit Tagen Gedanken gemacht. Was ist, wenn die Grenze dicht ist. Ich hab das ganz locker gesehen. Und wurde mal wieder bestätigt. Und mal wieder merke ich, dass offizielle Angaben und die reale Situation vor Ort 2 verschiedene Welten sind.
Ich bin jetzt in Slowenien. Damit bin ich im 4. Land meiner Reise. Ich bin sehr gespannt, was mich hier erwartet. In Slowenien gilt ja auch der Euro. Aber es ist eine andere Sprache.
Es regnet mal wieder in Strömen. Ich halte erst ein Stück nach der Grenze am Schild von Slowenien an. Dann schiebe ich das Rad bis zum nächsten Ort. Ich bin jetzt in Sentilj. An einer Gaststätte halte ich an. Ich will heute Nacht nicht so nass draußen schlafen. Die Frau an der Theke spricht gut deutsch. Sie sagt, dass es hier keine Zimmer gibt. Aber in Sentilj gibt es mehrere private Pensionen und ein großes Hotel. Sie bietet mir an, mal rumzutelefonieren , wo ein Zimmer frei ist. Ich bestelle erstmal was zu essen. Auf der Speisekarte stehen die Gerichte auch auf deutsch. Die Preise sind ähnlich wie in Deutschland. Eher etwas günstiger. Dann esse ich sehr gut und sehr viel. Kürbissuppe, einen großen Teller mit viel Fleisch und Gemüse. Dazu Salat vom Buffet. In der Zwischenzeit telefoniert die Liebe Frau für mich. Sie sagt, dass in den Pensionen hier im Ort nichtsfrei ist. Und das Hotel nimmt 90€ pro Nacht. Ich würde es für80€ bekommen. Aber das kann ich mir nicht leisten. Dann schreibt Viktor mir. Ich schreibe ihm, dass ich im Regen bis nach Slowenien gefahren bin. Und jetzt ein Zimmer suche. Aber hier im Ort gibt es wohl so kurzfristig nichts. Er hat eine App zur Zimmersuche. Und guckt für mich. Er findet ein freies Appartement in etwa 500m Entfernung von mir. Das bucht und bezahlt er für mich. Dafür bin ich ihm sehr dankbar . Ich esse auf. Und fahr im strömenden Regen nach Handy Navi dort hin. Aber ich komme nicht weit. Das Handy wird nass…Es stürzt immer wieder ab. Fängt an zu spinnen. Dann fällt es mir noch runter. Ins Wasser. Hier steht mittlerweile alles unter Wasser…Das Handy geht gar nicht mehr an. Hatte grad noch gesehen, dass Viktor mir geschrieben hat, ob alles OK ist. Ich stehe etwa 300 m von der Pension entfernt im strömenden Regen. Es ist dunkel. Ich hab keine Ahnung wie ich dorthin komme. Es ist niemand außer mir unterwegs. Nur ein paar Autos fahren durch den Regen. Alles ist nass. Das Wasser läuft mir in die Unterhose und in die Schuhe. Mir wird kalt…Ich schiebe das Rad durch die Straßen von Sentilj…Aber ohne Adresse und ohne Navi hab ich im dunkeln in dieser fremden Stadt keine Chance die Pension zu finden.
Nach etwa 1 Stunde hält ein Auto neben mir. Der Fahrer sagt auf deutsch „Herr Zunk? Sie haben ein Zimmer bei uns gebucht. Ich suche sie.“ Viktor und auch der Gastgeber der Pension haben sich Sorgen um mich gemacht. Er ist dann los gefahren um mich zu suchen. Ich bin geflasht! Das ist meine Rettung! Er fährt mit Auto vorweg. Ich hinterher. Die Pension ist in einer Seitenstraße. Es geht bergauf. Mit letzter Kraft schiebe ich das Rad dem Auto hinterher. Wenige Minuten später stehe ich in dem Appartement. Es ist alles neu und toll eingerichtet! Und ein riesiges frisch bezogenes Bett. Der liebe Gastgeber kocht mir einen Tee. Ich bin ihm und Viktor sehr Dankbar! Er bringt mir noch einen Wäscheständer für meine nassen Sachen. Und schiebt mein Fahrrad vor die Tür. Ich buche spontan noch eine 2. Nacht dazu. Mein Rad lade ich morgen ab. Will nur noch heiß duschen und dann schlafen. Hänge noch kurz die wichtigsten Sachen zum trocknen auf. Dann kommt mein Gastgeber nochmal und teilt mir mit, dass das Appartement morgen schon belegt ist. Aber seine Nachbarin hat noch was frei. Ist nur ein Stück weiter. Er reserviert das für mich. Bis Mittag kann ich hier bleiben. Dann ziehe ich um.
Da mein Handy nicht mehr an geht, bin ich mit dem Tablet nochmal kurz online. Dann dusche ich. Und schlafe glücklich und zufrieden in einem frisch bezogenen Bett. Das Handy lasse ich über Nacht trocknen.
Ich bin heute etwa 30 km gefahren. Es war der bisher krasseste und anstrengendste Tag dieser Reise.