Montag, 30. Dezember
Der Bus fährt bis auf wenige kurze Pausen die ganze Nacht durch.
Ich schlafe etappenweise.
Immer wieder wache ich auf, weil ich auf den schlechten Straßen durchgeschüttelt werde. Oder andere Fahrgäste über mich hinwegsteigen.
Als ich einmal einen Schluck Wasser trinke, fährt der Bus gerade durch ein Schlagloch. Das Wasser spritzt aus der Flasche in mein Gesicht.
Solche Momente sind grenzwertig.
So nach und nach steigen alle Fahrgäste aus.
Ich döse.
….
Etwa um 7:30 Uhr wache ich auf. Der Bus hat die Endhaltestelle in Amritsar erreicht.
Ich bin der letzte Fahrgast.
Packe schnell meine Sachen zusammen. Und verlasse den Bus.
Einer der Busbegleiter ist auf dem Dach.
Er lässt das Fahrrad am Strick herunter.
Ich kann es aber nicht alleine annehmen.
Ein zufällig vorbei kommender Mann hilft mir. Zu 3. schaffen wir es, das Rad sicher nach unten zu bekommen.
Ich gebe dem Mann 100 Rupies für seine Hilfe.
Hinterher denke ich, dass das (für indische Verhältnisse) ein sehr guter Lohn für 5 Minuten Arbeit war.
In Indien arbeiten die Feldarbeiter für 300 Rupies einen ganzen Tag in der Hitze.
Für deutsche Verhältnisse ist sind 100 Rupies “nichts wert”
Für umgerechnet etwa 1€ bekommt man nicht mal einen Kaffee.
Ich hab dem Mann die 100 Rupies als Dankeschön für seine Hilfe gegeben.
Nach meinem (deutschen) Maßstab.
Durch solche Erlebnisse wird mir mal wieder bewusst, dass die ungleichen Maßstäbe eines der größten Probleme unserer modernen Welt sind.
Weil einige findige Geschäftsleute das zu ihrem persönlichen Vorteil nutzen
Sie lassen Menschen in Ländern wie Indien oder Bangladesch für sich arbeiten. Bezahlen nach den dortigen Maßstäben. Und verkaufen die hergestellten Produkte in Ländern wie Deutschland zu deutschen Preisen.
So machen sie trotz der Transportkosten ennorme Gewinne.
Das ist ja allgemein bekannt.
Aber kaum jemand (in den reichen Ländern) macht sich Gedanken darüber.
Warum auch?
Wenn es nicht so wäre, wären viele Produkte in diesen Ländern viel teurer.
Genau das sichert den Wohlstand in den westlichen Ländern. Auf Kosten der armen Länder der 3. Welt.
So funktioniert die Welt.
Ich werde dieses Thema in eines meiner nächsten Bücher aufnehmen.
Um 8 verabschiede ich mich.
Ich bin in Amritsar!
Zum 2. Mal in der Stadt, in der ich letztes Jahr im Januar erstmals in Indien angekommen bin.
Und ich bin sogar gut in meinem Zeitplan.
Aber erstmal brauche ich Zeit für mich.
Zum duschen, ausruhen…schreiben…nachdenken. Und für die weitere Planung.
Ich schiebe das Rad nur wenige Meter.
Bis zum erstbesten Restaurant.
Zunächst bestelle ich einen Kaffee.
Dann Frühstück. Eigentlich ist mir nach Omelette.
Aber das gibt es hier nicht. Also esse ich Aloo Paratha. Beim nächsten Kaffee schreibe ich einen kurzen Facebook Post. Und überlege, wie es weiter geht.
Die teure Busfahrt hat mich zum Monatsende ans finanzielle Limit gebracht. Ein Hotel kann ich mir jetzt nicht mehr leisten.
Aber das ist dann so. Hier in Amritsar ist ja der goldene Tempel. Wo Reisende kostenlos unterkommen können.
Außerdem sollte meine Rente heute oder morgen ausgezahlt werden.
Ich guck auf mein Konto.
Meine Rente ist bereits drauf!
Das ändert die Lage. Ich werde mir für heute ein günstiges Hotel suchen.
Mich ausruhen und schreiben.
Dann sehe ich zufällig das Schild hier im Restaurant. “Rooms available” Ich Frage direkt nach. Ja hier gibt es im Obergeschoss Hotelzimmer.
Der Angestellte zeigt mir eines.
Es ist einfach. Und “nicht schick” Aber für 500 Rupies passt es.
Das Fahrrad kann ich mit ins Zimmer nehmen.
Als ich dann bezahlen will, kostet es auf einmal 800 Rupies.
Warum auch immer… vielleicht hatte ich mich auch verhört.
Ich überlege kurz. Der goldene Tempel ist nur etwa 1 km entfernt.
Dort kann ich gratis unterkommen.
Aber egal… mir ist meine Ruhe wichtiger als Geld. Also bleibe ich heute hier. Und ziehe morgen um.
Beib dann noch bis nach Neujahr in Amritsar.
Mit Frühstück zahle ich 1000 Rupies.
Mein letztes Bargeld.
Das ist nur möglich, weil meine Rente bereits ausgezahlt wurde.
Ich verschiebe dann direkt Geld vom GLS Konto zu Revolut.
Über Revolut kann ich nahezu gratis Bargeld abheben. Bei der GLS Bank kostet das immense Gebühren.
Der Mitarbeiter hilft mir, das Fahrrad die steile und enge Treppe hoch zu tragen.
Dazu laden wir es ab. Und tragen das Gepäck einzeln hoch.
Als ich mich dann im Zimmer einrichte, merke ich, dass es doch nicht so toll ist.
Es ist schmutzig. Und es liegt Müll herum. Auch das Bad ist schmutzig.
Es gibt keine Dusche. Und kein Waschbecken. Nur einen Wasserhahn.
Nach dem letzten Gast wurde hier nicht geputzt.
Durch die dünnen Wände und die nur teilweise verglasten Fenster ist es sehr laut. Der Straßenlärm und die Tempelgesänge sind sehr deutlich zu hören.
Dafür sind 800 Rupies teuer.
Aber das ist dann so.
Ich räume auf, Bring den Müll raus. Richte das Bett her. Ich werde in meinem Schlafsack schlafen.
Auch das Bad putze ich grob.
Dann “dusche” ich kalt, bzw lauwarm.
(Ich vermute, dass das Wasser zentral erhitzt wird)
Und wasche meine Sandalen.
Später kuschel ich mich in meinen Schlafsack.
Ich schreibe Tagebuch.
Um 13:20 Uhr unterbreche ich die Schreibarbeiten.
Ich gehe in die Stadt.
Hebe Bargeld ab.
In einem benachbarten Restaurant esse ich Mittag.
Den Nachmittag verbringe ich in meinem Zimmer.
Ich sichte mein Fahrrad und bereite das Gepäck für morgen vor.
Dabei bemerke ich, dass der Halter vom Fahrradschloss abgebrochen ist.
Ich ärgere mich kurz.
Dann denke ich mir “ich hätte es ja in eine der Taschen packen können . Und letztlich ist es nur ein Stück Plastik. Dann ist das so”
Später arbeite ich weiter an meinem Tagebuch. Und dem Blog. Heute schreibe ich sehr ausführliche Texte. Die ich später teilweise auch in mein Buch über diese Reise übernehmen werde. Das Schreiben ist in der letzten Zeit immer mehr zu meiner Leidenschaft geworden. Dafür werde ich mir auch in Zukunft immer wieder Zeit nehmen.
Auszeiten. Das ist meine Art abzuschalten. Auszuruhen.
„Ausruhen” brauche ich mich ja nicht wirklich. Ich bin Dank gesunder, vegetarischer Ernährung, und einem gesunden Lebensstil topfit. Und voller Energie. Körperlich, wie auch geistig.
Gegen Abend gehe ich nochmal kurz raus. Ich kaufe Obst. Und Unterwäsche.
Ab 18:30 arbeite ich weiter an meinen Texten und dem Blog.
Im 19:50 Uhr ist mein Tagebuch und der Blog wieder aktuell.
Ich gehe raus zum Dinner.
Bei einem Streetfood Stand esse ich Omelette. Und dann im Restaurant von meinem Hotel paneer pulao.
Ab 21 Uhr bin ich wieder in meinem Zimmer.
Später trinke ich noch meine Zitrone.
Heute schlafe ich schon ab etwa 22:20 Uhr.
Amritsar - In the hotel
Monday, 30 December
The bus runs all night except for a few short breaks.
I sleep in stages.
I keep waking up because I'm shaken up on the bad roads. Or other passengers climbing over me.
As I take a sip of water, the bus drives through a pothole. The water splashes out of the bottle into my face.
Moments like that are borderline.
One by one, all the passengers get off.
I doze off.
....
I wake up at around 7.30am. The bus has reached the final stop in Amritsar.
I am the last passenger.
I quickly pack up my things. And leave the bus.
One of the bus attendants is on the roof.
He lets the bike down by the rope.
But I can't pick it up on my own.
A man who happens to be passing by helps me. Three of us manage to get the bike down safely.
I give the man 100 rupees for his help.
Afterwards I think that (by Indian standards) that was a very good wage for 5 minutes' work.
In India, field labourers work a whole day in the heat for 300 rupees.
By German standards, 100 rupees is "worth nothing"
You can't even get a coffee for the equivalent of about €1.
I gave the man the 100 rupees as a thank you for his help.
By my (German) standards.
Experiences like this make me realise once again that unequal standards are one of the biggest problems in our modern world.
Because some resourceful business people use this to their personal advantage
They let people in countries like India or Bangladesh work for them. They pay according to local standards. And sell the manufactured products in countries like Germany at German prices.
In this way, they make huge profits despite the transport costs.
This is common knowledge.
But hardly anyone (in the rich countries) thinks about it.
Why should they?
If it weren't for this, many products would be much more expensive in these countries.
This is precisely what ensures prosperity in Western countries. At the expense of the poor countries of the 3rd world.
That's how the world works.
I will include this topic in one of my next books.
I say goodbye at 8 o'clock.
I'm in Amritsar!
For the second time in the city where I first arrived in India last year in January.
And I'm even on schedule.
But first I need time for myself.
To shower, rest... write... think. And for further planning.
I only push the bike a few metres.
To the first restaurant I come to.
First I order a coffee.
Then breakfast. I actually feel like an omelette.
But that's not available here. So I eat aloo paratha. Over my next coffee, I write a short Facebook post. And think about what to do next.
The expensive bus journey has pushed me to my financial limit at the end of the month. I can no longer afford a hotel.
But that's the way it is. Here in Amritsar is the golden temple. Where travellers can stay for free.
Besides, my pension should be paid out today or tomorrow.
I look at my account.
My pension is already there!
That changes the situation. I'll look for a cheap hotel for today.
Get some rest and write.
Then I happen to see the sign here in the restaurant. "Rooms available" I ask straight away. Yes, there are hotel rooms on the upper floor.
The employee shows me one.
It's simple. And "not fancy" but for 500 rupees it's fine.
I can take the bike into the room.
When I go to pay, it suddenly costs 800 rupees.
For whatever reason... maybe I had misheard.
I think about it for a moment. The golden temple is only about 1 kilometre away.
I can stay there for free.
But no matter... my peace and quiet is more important to me than money. So I stay here today. And move tomorrow.
I'll stay in Amritsar until after the New Year.
I pay 1000 rupees with breakfast.
My last cash.
This is only possible because my pension has already been paid out.
I then transfer money directly from my GLS account to Revolut.
I can withdraw cash almost free of charge via Revolut. At GLS Bank this costs huge fees.
The employee helps me carry the bike up the steep and narrow stairs.
We unload it. And carry the luggage up one by one.
As I settle into my room, I realise that it's not so great after all.
It's dirty. And there's rubbish lying around. The bathroom is dirty too.
There's no shower. And no washbasin. Just a tap.
It wasn't cleaned after the last guest.
The thin walls and the only partially glazed windows make it very noisy. The street noise and temple chants can be heard very clearly.
For this, 800 rupees are expensive.
But that's the way it is.
I tidy up, take out the rubbish. Prepare the bed. I'll sleep in my sleeping bag.
I also clean the bathroom roughly.
Then I take a cold or lukewarm shower.
(I assume that the water is heated centrally)
And wash my sandals.
Later, I snuggle up in my sleeping bag.
I write in my diary.
At 13:20, I interrupt my writing.
I go into town.
Withdraw cash.
I have lunch in a neighbouring restaurant.
I spend the afternoon in my room.
I check my bike and prepare my luggage for tomorrow.
I notice that the holder on the bike lock has broken off.
I'm annoyed for a moment.
Then I think to myself "I could have put it in one of the bags. And in the end it's just a piece of plastic. Then that's the way it is"
Later, I continue working on my diary. And the blog. Today I write very detailed texts. Some of which I will later include in my book about this trip. Writing has become more and more my passion in recent times. I will continue to make time for it in the future.
Time out. It's my way of switching off. To rest.
I don't really need to "rest". Thanks to a healthy, vegetarian diet and a healthy lifestyle, I'm in top shape. And full of energy. Physically and mentally.
Towards the evening, I go out again. I buy some fruit. And underwear.
From 18:30 I continue working on my texts and the blog.
At 7.50pm, my diary and the blog are up to date again.
I go out for dinner.
I eat an omelette at a street food stall. And then paneer pulao at my hotel restaurant.
I'm back in my room by 9pm.
Later, I drink my lemon.
Today I sleep from about 22:20.