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Arbeit auf der Farm. Gedanken

<Das war der Dienstag

Mittwoch, 02. August

Auch heute wache ich kurz vor dem Wecker klingeln auf. Ich „dusche“ mich kurz ab. Dann mache ich wieder meinen Morgenspaziergang zur Farm.

Das Toilettenhäuschen ist mittlerweile fast fertig gemauert. Und der Platz davor ist mit Beton ausgegossen. Das wird der Waschplatz. Die Steine reichen doch. Also braucht die 3. Mauer nicht abgebrochen werden.

Ich bekomme heute die Aufgabe, den Büffelmist zwischen den ehemaligen Mauern umzulagern. Der frische Mist soll den Abhang runter. Das, was bereits fertiger Kompost ist, wird in Säcke abgefüllt.

Auch heute sind die beiden Frauen wieder auf dem Feld. Und jäten Unkraut.

Außerdem gehen die Arbeiten am Toilettenhäuschen weiter.

Heute bekomme ich ein tolles Frühstück. Das Poha Frühstück ist anders als sonst. Voll lecker!

Dazu gibt es wieder das Milchgericht, was es gestern Abend gab.

Es ist frisch gekocht und super gut!

Bei der Gelegenheit frage ich Ishwar, wieviel Liter Milch die Büffelkuh gibt.

Es sind etwa 2 Liter pro Tag. Die teilt sich die Familie ja mit dem Kälbchen. (Zum Vergleich: eine Kuh in Deutschland gibt etwa 28 Liter pro Tag, natürlich sind 4 Liter) Ishwar sagt, dass Kühe in Deutschland auf Höchstleistung gezüchtet- und gefüttert werden. Sie sind keine Lebewesen mehr. Sondern Hochleistungsmaschinen. Bei ihm ist es anders. Er sieht- und behandelt seine Büffel wie Familienmitglieder. Jede von ihnen hat einen Namen. Das Kälbchen heißt Buri.

Sie bekommen natürliches Futter. Und keinerlei Medikamente oder Antibiotika. Die Kälber werden auf natürliche Weise gezeugt.

Später sagt er, dass die beiden Frauen, die auf seinem Feld Unkraut jäten, nur halbtags arbeiten. Für einen halben Arbeitstag bekommen Sie je 150 Rupies. Das entspricht 300 Rupies pro Tag (3,31€). Es ist hier in Indien ein normaler Arbeitslohn für diese Tätigkeit.

Für ihn ist es sehr viel Geld. Besonders, da er nahezu keine Einnahmen hat. Er lebt ja mit seiner Familie von Ersparnissen.

Das komplette Feld zu jäten kostet ihn etwa 5000 Rupies. Unkrautvernichter zu spritzen, würde etwa 500 Rupies kosten. Er zahlt also freiwillig das zehnfache. Damit er sein Land und das Grundwasser nicht mit Gift verseuchen braucht. Allerdings weiß er nicht, wie lange er das noch finanzieren kann.

Irgendwann wird auch er gezwungen sein, Gift zu spritzen. Das macht mich sehr nachdenklich.

(Am Ende von diesem Tagebucheintrag schreibe ich eine Anmerkung dazu)

Später hilft Ishwar mir, den Kompost abzufüllen. Wir säubern das erste Teilstück von der ehemaligen Einfassung. Dort steht noch ein Rest von der Mauer. Er war unter Bauschutt und Kompost vergraben. Jetzt soll ich erstmal den Bauschutt wegbringen. Und die Mauerreste freilegen. Auch der Bauschutt wird wieder verwendet.  Als Untergrund für den Weg vom Hauptgebäude zum Toilettenhäuschen.

Ich beginne damit, den Schuttberg per Hand abzutragen. Und bringe die Betonreste mit einer der Blechwannen zum Gebäude.

Zwischendurch kommt ein Lieferwagen. Und bringt Baumaterialien. Zementsäcke. Die beiden neuen  Toiletten mit Wasserspülkasten und ein richtig schickes Waschbecken. Dieses Toilettenhäuschen wird für indische Verhältnisse richtig schick!

Mit einem der Arbeiter bringe ich die schweren Zementsäcke in den Lagerraum.

Gegen 12 mache ich Feierabend. Ich gehe zu Fuß zurück zum Farmhaus. Und nehme mir wieder Trinkwasser mit. Ishwar möchte in Zukunft durch meine Inspiration auch Trinkwasser von der Farm mit nach Hause nehmen. Dieses Wasser ist definitiv besser als das aus dem Dorf.

Auf halben Weg, kommt ein Freund von Ishwar mit Moped vorbei. Er bietet mir an, mich mitzunehmen. Das ist toll!

Ich komme genau rechtzeitig. Das Mittagessen ist gerade fertig. Heute gibt es Reis und Chapati mit Currydal. Ich bin neugierig. Und frage, aus was der besteht. Ishwar sagt, dass er auf der Farm Currybäume hat. Die Blätter sind ein beliebtes indisches Gewürz. Sie werden einfach mitgekocht. Und können auch roh gegessen werden. Hier sind sie in fast jedem Gericht. Für den Currydal werden die Blätter zerrieben. Die gelbe Farbe bekommt er durch Kurkuma.

Die Blätter vom Currybaum sind ein wichtiger Bestandteil der indischen Küche.

Dieser Curry hat nur indirekt etwas mit dem Currypulver zu tun, dass es in westlichen Ländern zu kaufen gibt. Hier ist die Hauptzutat Kurkuma. Dieses Currypulver ist der indischen Küche nachempfunden.

Beim Essen fragt Ishwar mich, ob das hier angebotene Essen 10 € pro Tag wert ist. Diesen Betrag bezahlen Volunteers normalerweise. Ich sage ja, definitiv! So gutes selbst gemachtes Essen mit Zutaten aus eigenem Anbau kann man nicht kaufen. Und ich gebe täglich auch mindestens 10€ für Essen aus. Da ich ja überwiegend in Restaurants esse. (Auch dazu schreibe ich eine Anmerkung)

Nach dem Essen „dusche“ ich. Und weiche die Wäsche ein.

Dann trinke ich meine Zitrone.

Heute mache ich wieder Mittagsschlaf.

Ab 16:30 Uhr bin ich am Tablet. Erstmal schreibe ich Tagebuch.

Zwischendurch kommt der Vater von Ishwar hoch. Und holt Knoblauch fürs Abendessen.

Direkt neben meinem Bett wird in einem Tontopf Knoblauch aus eigener Ernte gelagert.

Er gibt mir einige Zehen. Ich esse sie roh. Das ist ein Energiekick! Und bringt mich auf die Idee in Zukunft (wenn möglich) täglich einige Zehen frischen Knoblauch zu essen. Ich werde Ishwar fragen, ob ich ein paar Knollen mitnehmen darf.

Um 18 Uhr unterbreche ich die Schreibarbeiten. Und wasche meine Wäsche und die Sandalen.

Um 20 Uhr essen wir Dinner. Heute gibt es Linsensprossen. Und als Dessert wieder die tolle Süßspeise aus Büffelmilch. Der Zucker der hier verwendet wird, ist übrigens Jaggery. Unraffinierter Rohrzucker. Ab 20:30 Uhr schreibe ich weiter. Um 21:45 Uhr ist mein Tagebuch wieder aktuell.

Ich erstelle den Blogbeitrag von gestern. Sichere, und lade die Fotos hoch. Außerdem bereite ich den Eintrag für morgen vor. Um 22:20 Uhr ist alles wieder aktuell. Ich mach das Tablet aus.

Ab 23 Uhr schlafe ich.

 

Der Tag war geldfrei.

 

Anmerkung (Teil 1) zu den Löhnen in Indien und meiner Rente:

Ein indischer Arbeiter bekommt für einfache, aber in der Hitze auch anstrengende Feldarbeit einen Tageslohn von 300 Rupies. Das entspricht bei 20 Arbeitstagen einem Monatslohn von 6000 Rupies. (Ca. 66€) Ich bekomme eine monatliche Rente von aktuell 520 € ausgezahlt. (Ca 47.000 Rupies)

Auch nach Abzug der Bankgebühren bleiben mir hier in Indien ca. 40.000 Rupies, die ich für mich alleine zur freien Verfügung habe. Damit habe ich durchaus ein gutes Leben. Zumal ich keine Festkosten wie Miete habe. Und keine Familie ernähren muss.

Davon kann ich es mir durchaus leisten, in Restaurants essen zu gehen. (Siehe Teil 2)

Und das nur, weil ich zufällig in Deutschland geboren wurde.

Und ich nicht die beste Meinung von Deutschland habe. (Milde ausgedrückt)

Trotzdem ermöglicht mir das System, dass ich ja ablehne, diese Reise.

Eigentlich könnte ich mich schämen. Ich reise in ein Land, in dem die Menschen für einen Bruchteil meiner Rente hart arbeiten. Während ich hier mein Leben genieße.

Aber nein… Ich sehe die mir gegebenen Möglichkeiten als Fügung des Schicksals. Und mache nur das Bestmögliche aus meiner Situation. Ich hätte ja auch in Deutschland bleiben können. Da habe ich mit meiner Mini Rente ein noch schlechteres Leben als die Menschen hier in Indien. Ohne die Hilfe von Freunden reicht mein Geld grad mal bis zum 10. Es gab Monate, da war es nach Abzug aller Kosten direkt am 1. alle.

Ich hab in Deutschland alles zurück gelassen. Meine Freunde…. Und mich für diese Reise entschieden. 

Und ja… Ich genieße mein Leben. Warum auch nicht? Jeder Mensch hat nur 1 Leben mit begrenzter Lebenszeit. Und es ist jedem selbst überlassen, was er daraus macht. Jeder Mensch ist für sein eigenes Glück und Wohlbefinden selbst verantwortlich.

Ich bin seit einiger Zeit dabei, einen längeren Text dazu verfassen. Und werde ihn demnächst veröffentlichen.

 

Anmerkung (Teil 2) zu meinen Restaurantbesuchen:

Ich esse in letzter Zeit überwiegend in Restaurants. Das gönne ich mir einfach. Und ich esse auch nicht mehr nur das günstigste Streetfood. Sondern achte darauf, qualitativ besser und gesünder zu Essen. Fleisch habe ich schon länger nicht mehr gegessen. Zuletzt gelegentlich mal Hähnchen.

Mir ist klar, dass ich nicht beeinflussen kann, woher die Restaurants ihre Zutaten beziehen. Beim Streetfood ist das in der Tat fragwürdig. Aber deshalb vermeide ich Streetfood auch nach Möglichkeit.

Selber kochen ist für mich keine Option. Ich habe schlicht keine Lust dazu, täglich einen Großteil des Tages mit der Zubereitung von Lebensmitteln beschäftigt zu sein.

Bedingt durch meine allgemeine Langsamkeit ist es tatsächlich so. Wenn ich meine 3 täglichen Mahlzeiten selber zubereite, bin ich inklusive Geschirr abwaschen, mehrere Stunden damit beschäftigt.

Und insbesondere während meiner Indien Rundreise per Zug, wenn ich überwiegend in Hotels übernachte, hab ich ja tatsächlich keine Möglichkeit zu kochen.  

So geht es morgen weiter>

Work at the farm. Thoughts

<That was Tuesday

Wednesday, 02 August

Today, too, I wake up shortly before the alarm clock rings. I "shower off" briefly. Then I go for my morning walk to the farm again.

The toilet house is almost finished with bricks. And the space in front of it is filled with concrete. This will be the washing place. The stones are enough. So the third wall doesn't need to be demolished. 

Today I am given the task of transferring the buffalo dung between the former walls. The fresh dung is to go down the slope. That which is already finished compost is filled into sacks.

Today the two women are in the field again. And weeding. 

Besides, the work on the toilet house continues.

Today I get a great breakfast. The Poha breakfast is different than usual. It's delicious!

We have the milk dish again, which we had last night. 

It is freshly cooked and super good!

I take the opportunity to ask Ishwar how many litres of milk the buffalo cow gives. 

It is about 2 litres per day. The family shares this with the calf. (For comparison: a cow in Germany gives about 28 litres per day, of course 4 litres) Ishwar says that cows in Germany are bred and fed for maximum performance. They are no longer living beings. They are high-performance machines. With him it is different. He sees and treats his buffaloes like family members. Each of them has a name. The calf is called Buri.

They get natural feed. And no medicines or antibiotics. The calves are conceived naturally. 

Later he says that the two women who weed his field only work half days. For half a day's work, they get 150 rupees each. That is 300 rupees per day (3.31€). It is a normal wage for this job here in India. 

For him it is a lot of money. Especially since he has almost no income. He lives with his family on savings. 

It costs him about 5000 rupees to weed the entire field. Spraying weedkiller would cost about 500 rupees. So he voluntarily pays ten times that amount. So he doesn't have to contaminate his land and the groundwater with poison. However, he does not know how long he will be able to finance this.

At some point, even he will be forced to spray poison. That makes me very thoughtful. 

(At the end of this diary entry I write a note about this). 

Later, Ishwar helps me to fill the compost. We clean the first section of the former enclosure. There is still a remnant of the wall there. It was buried under building rubble and compost. Now I'm supposed to remove the rubble first. And uncover the remains of the wall. The rubble will also be reused.  As subsoil for the path from the main building to the toilet house. 

I start to remove the rubble by hand. And bring the concrete remains to the building with one of the tin tubs. 

In between, a delivery truck comes. And brings building materials. Bags of cement. The two new toilets with water cisterns and a really fancy sink. This toilet block will be really fancy by Indian standards!

With one of the workers, I bring the heavy cement bags into the storage room. 

Around 12 I finish work. I walk back to the farmhouse. And I take drinking water with me again. Ishwar wants to take drinking water home from the farm in the future because of my inspiration. This water is definitely better than the water from the village.

Halfway there, a friend of Ishwar's passes by on a moped. He offers me a lift. That's great!

I arrive just in time. Lunch is just about ready. Today we have rice and chapati with curry dal. I am curious. And ask what it is made of. Ishwar says that he has curry trees on the farm. The leaves are a popular Indian spice. They are simply cooked with them. And they can also be eaten raw. Here they are in almost every dish. For the curry dal, the leaves are crushed. It gets its yellow colour from turmeric. 

The leaves of the curry tree are an important ingredient in Indian cuisine. 

This curry has only indirectly something to do with the curry powder that can be bought in western countries. Here, the main ingredient is turmeric. This curry powder is based on Indian cuisine. 

While eating, Ishwar asks me if the food offered here is worth 10 € per day. This is the amount volunteers usually pay. I say yes, definitely! You can't buy such good homemade food with ingredients from your own cultivation. And I also spend at least 10€ a day on food. Since I eat mostly in restaurants. (I'll write a note about that, too)

After the meal I "shower". And soak the laundry.

Then I drink my lemon. 

Today I take a nap again. 

From 16:30 I am at the tablet. First I write my diary.

In between, Ishwar's father comes up.   

And fetches garlic for dinner. 

Right next to my bed, garlic from his own harvest is stored in a clay pot. 

He gives me a few cloves. I eat them raw. It's an energy kick! And gives me the idea to eat a few cloves of fresh garlic every day in the future (if possible). I will ask Ishwar if I can take a few bulbs with me. 

At 6 pm, I interrupt my writing. And wash my clothes and sandals. 

At 8 pm we have dinner. Today we have lentil sprouts. And for dessert, the great dessert made from buffalo milk. The sugar used here is jaggery, by the way. Unrefined cane sugar. I continue writing from 20:30. At 9:45 pm my diary is up to date again. 

I create yesterday's blog post. Save, and upload the photos. I also prepare the entry for tomorrow. At 22:20 everything is up to date again. I turn off the tablet.

From 11 pm I sleep.


The day was free of money. 


Note (Part 1) on wages in India and my pension:

An Indian worker gets a daily wage of 300 rupees for simple, but in the heat also exhausting field work. With 20 working days, this corresponds to a monthly wage of 6000 rupees. (Approx. 66€) I currently receive a monthly pension of 520 €. (Approx 47,000 Rupees)

Even after deducting the bank fees, I have about 40,000 rupees left here in India, which I can use for myself. With that, I have quite a good life. Especially since I don't have any fixed costs like rent. And I don't have to feed a family.

I can afford to go out to eat in restaurants. (See part 2)

And that's only because I happen to have been born in Germany. 

And I don't have the best opinion of Germany. (To put it mildly) 

Nevertheless, the system that I reject makes this trip possible for me.

Actually, I could be ashamed of myself. I am travelling to a country where people work hard for a fraction of my pension. While I enjoy my life here.

But no... I see the opportunities given to me as a twist of fate. And I only make the best possible use of my situation. I could also have stayed in Germany. There, with my mini pension, I have an even worse life than the people here in India. Without the help of friends, my money is only enough for the 10th month. There were months when I ran out of money on the first day after deducting all the costs. 

I left everything behind in Germany. My friends.... And decided to go on this trip.  

And yes... I enjoy my life. Why not? Every person has only 1 life with limited time to live. And it is up to each person what they make of it. Each person is responsible for their own happiness and well-being. 

I have been writing a longer text about this for some time. And I will publish it soon.


Note (part 2) on my restaurant visits:

I've been eating mostly in restaurants lately. I simply treat myself to it. And I no longer eat only the cheapest street food. I try to eat better quality and healthier food. I haven't eaten meat for a long time. Recently, I had the occasional chicken. 

I realise that I can't influence where the restaurants get their ingredients from. With street food, that is indeed questionable. But that's why I avoid street food whenever possible. 

Cooking myself is not an option for me. I simply don't feel like spending a large part of the day preparing food.

Due to my general slowness, this is indeed the case. If I prepare my 3 daily meals myself, I am busy for several hours, including washing the dishes. 

And especially during my India round trip by train, when I mainly stay in hotels, I really don't have the opportunity to cook.

This is how it will continue tomorrow>