Donnerstag, 06. Mai
Um 6 klingelt der Wecker. Ich wasche mich und packe meine Sachen zusammen. Dann baue ich das Zelt ab. Heute bin ich schon um 8:15 Uhr startklar.
Ich pumpe das platte Vorderrad auf und schiebe mein Rad von der Wiese. Direkt an der Zufahrt zur Autobahn ist eine freie Fläche. Dort kann ich das Rad an einen Zaun anlehnen. Ich lege es zunächst hin und baue das Vorderrad aus. Den Schlauch tausche ich einfach aus. Allerdings ist das Einbauen vom Vorderrad im Liegen nicht möglich. Da der vordere Gepäckträger ja auch mit dem Rad befestigt wird. Ich kippe es ganz hoch. Und stütze es am Zaun auf das Gepäck. So bekomme ich das Vorderrad wieder rein. Das Hinterrad ist allerdings ein größeres Problem. Einige Speichen haben sich gelockert. Es hat eine 8. Da kann ich erstmal nichts weiter machen, als die Speichen notdürftig nachzuziehen. So kann ich erstmal fahren. Aber demnächst brauche ich ein neues Hinterrad oder eine Werkstatt die es reparieren kann. Ich esse dann noch eine Kleinigkeit.
Gegen Mittag fahre ich weiter. Das Fahrverhalten ist sehr schlecht. Ich komme kaum vorwärts. Bei nächster Gelegenheit fahr ich von der Autobahn runter. Ich komme durch einige Vororte von Durrës. Auch hier gibt es viele Autowerkstätten und Autowaschanlagen.
Bei einem kleinen Lebensmittelmarkt kaufe ich Lebensmittel. Es gibt allerdings kein Müsli. Also kaufe ich Cornflakes.
Dann komme ich an einer Werkstatt vorbei, vor der Fahrräder stehen. Ich halte an. Frage den Mann der dort arbeitet ob er ein Hinterrad hat. Er kann weder englisch noch deutsch. Aber er versteht, was ich will. Und er hat ein gebrauchtes Hinterrad von einem Mountainbike. Komplett mit Schlauch und Mantel. Aber ohne Kassette für die Kettenschaltung. Das macht nichts. Ich hab ja an meinem Rad eine fast neuwertige Kassette. Das Hinterrad und die Schaltung hab ich ja in Ogulin (Kroatien) erneuert. Seitdem bin ich erst etwa 800 km gefahren. Es kostet nur 2000 Lek (etwa 16€). Für den Preis brauch ich nicht lange überlegen. Er kann es allerdings nicht einbauen , da er kein Werkzeug hat, um die Kassette zu tauschen. Er hat aber einen Freund, der eine Fahrradwerkstatt hat. Da ich nicht mehr genug Bargeld habe, fahr ich mit einem Fahrrad von ihm zu einem Geldautomaten in der Nähe. Als ich zurück bin, zeigt er mir, wo die Werkstatt ist. Er fährt mit Rad voraus. Allerdings ist dort niemand. Ich soll warten. Neben der Werkstatt ist eine Tankstelle. Ich unterhalte mich mit den Angestellten. Dann lege ich das Fahrrad auf die Seite und baue schon mal das Hinterrad aus. Später kommt der Inhaber der Werkstatt. Auch er kann kein englisch. Aber er versteht was ich will. Der Austausch von der Kassette ist für ihn eine Sache von 1 Minute. Als ich dann das „neue" Rad einbauen will, schleift es am Schutzblech. Der Mountainbike Mantel ist zu dick. Wieder hilft mir der nette Mechaniker. Er tauscht den Mantel gegen meinen aus. Und stellt auch gleich noch das Spiel vom Radlager ein. Dann passt das Hinterrad. Als wir die Bremse neu einstellen wollen, reißt der marode Bowdenzug ab. Kurzerhand gibt er baut er einen neuen Bowdenzug ein. Jetzt zieht die Bremse wieder richtig gut. Insgesamt bezahle ich nur 300 Lek. Ich mache kurz Probefahrt. Das Rad fährt wieder richtig gut. Ich belade es neu. Kurz überlege ich, was ich mit dem „alten" Hinterrad mache. Es hat ja erst 800 km gelaufen. Zum mitnehmen ist es zu sperrig. Also schenke ich es dem hilfsbereiten Mechaniker. Darüber freut er sich sehr. Er schenkt mir dann noch einen Nippel, um mein loses Schutzblech vorne zu befestigen.
Ich fülle bei der Fahrradwerkstatt noch meinen Wasserkanister auf. Gegen 18 Uhr verabschiede ich mich und fahre weiter. Jetzt komme ich gut voran.
Nach kurzer Zeit erreiche ich die Großstadt Durrës (Durrësi). Diese Großstadt an der Adriaküste ist die wichtigste Hafenstadt von Albanien. Sie hat eine lange Geschichte, die bis in die Römerzeit zurück geht. Im historischen Stadtzentrum und an der Uferpromenade fällt mir auf, dass hier alles sauber und ordentlich ist. Ebene, sehr gut ausgebaute Straßen ohne Schlaglöcher. Breite Bürgersteige mit abgesenkten Kanten. Keine großen Mülltonnen. Kein Müll auf den Straßen. Gepflegte Häuser. Moderne Geschäfte und Boutiquen mit sehr viel Auswahl. Viele feine Hotels, Restaurants, Cafés. Große Bildschirme. Und keine Straßenhunde. Dieses Stadtzentrum ist mindestens auf deutschem Standard. Nur wenige Meter entfernt von den Müllbergen und maroden Nebenstraßen. Ich verbringe etwa 2 Stunden in dieser tollen Stadt.
Dann wird es dunkel. Ich verlasse Durrës. Bis nach Berat sind es 80 km. Kaum bin ich aus dem Zentrum raus, werden die Straßen schlechter. Und überall ist Müll. Heute Abend sehe ich mehrmals Menschen, die die Mülltonnen nach brauchbaren durchsuchen. Das erinnert mich sehr an die Zeiten, als ich Pfandflaschen gesammelt habe. Das ist hier nicht möglich, da es in Albanien kein Pfandsystem gibt.
Und es gibt außerhalb vom Zentrum keine Straßenbeleuchtung. Im dunkeln zu fahren ist mir doch zu gefährlich. Alle paar 100 m sind offene Kanalschächte. Es liegen oft Steine oder andere Hindernisse auf der Straße. Also schiebe ich. Das Navi führt mich zunächst wieder auf die Autobahn. Aber ein anderer Fahrradfahrer rät mir davon ab. Er zeigt mir einen anderen Weg. Direkt neben der Autobahn Wo nicht so viel Verkehr ist. Ich folge dem Küstenverlauf. Allerdings sehe ich die Küste nicht. Da hier sehr viele große Hotels sind. Ein Hotelkomplex mit dazugehörigen Einkaufsmarkt nach dem nächsten. Es gibt keine Freiflächen. Kurz überlege ich, mir in einem der vielen Hotels ein Zimmer zu nehmen. Aber nein…Ich möchte diesen Massentourismus nicht unterstützen. Und ich kann es mir nicht leisten.
Ich schiebe das Rad kilometerweit an den Hotels vorbei. Stundenlang. Dann kommen Wohnanlagen. Später führt die Straße (und auch die Autobahn) etwas von der Küste weg. Es kommen wieder Wiesen und Freiflächen. Erst jetzt hab ich eine Chance einen Platz zum Zelten zu finden.
Trotzdem dauert es noch lange, bis ich an einer großen Wiese hinter Büschen vorbeikomme. Ich schiebe das Rad darauf. Und ein ziemliches Stück über die feuchte Wiese. In einem der Häuser in der Nähe wird ein Hund auf mich aufmerksam. Er bellt sehr laut und ausdauernd. Das hat keinen Zweck. Hier kann ich nicht zelten. Ich schiebe das Rad bis ans andere Ende der Wiese. Dort taucht vor mir aus dem Dunkeln die Mauer von einem Gebäude auf. Es könnte ein Stall sein. Da es mittlerweile schon 23:30 Uhr ist, bleibe ich hier. Ich bin weit genug weg von den Wohnhäusern und dem Hund. An der Mauer kann ich das Rad anlehnen. Davor baue ich das Zelt auf. Bis ich es eingeräumt habe, ist es 1 Uhr. Ich hab Hunger. Ich will noch Cornflakes essen. Als ich die Milch (die ich gestern aufgemacht habe) reinschütte, merke ich, dass sie schlecht ist. Also entsorge ich die Cornflakes und mach mir nochmal neue. Gut, dass ich mir heute neue Milch gekauft habe. Dann ist es 1:30 Uhr. Ich bin müde und kaputt. Lasse heute sogar meine Zitrone ausfallen. Und schlafe sofort ein.
Ich bin heute trotz der Umstände knapp 30 km gefahren. Davon hab ich etwa die Hälfte geschoben.
Bicycle repair. Durrës
Thursday, 06 May
The alarm clock rings at 6. I wash up and pack my things. Then I take down the tent. Today I am ready to start at 8:15 already.
I pump up the flat front wheel and push my bike off the meadow. There is a free area right next to the access road to the motorway. There I can lean the bike against a fence. I first lay it down and remove the front wheel. I simply replace the inner tube. However, it is not possible to mount the front wheel lying down. Because the front carrier is also attached to the wheel. I tilt it all the way up. And prop it up against the fence on top of the luggage. That way I can get the front wheel back in. The rear wheel, however, is a bigger problem. Some spokes have come loose. It has an 8. So for the time being I can't do anything but tighten the spokes. So I can ride for now. But soon I'll need a new rear wheel or a workshop that can repair it. Then I eat a snack.
Around noon I ride on. The handling is very bad. I hardly make any progress. At the next opportunity I get off the motorway. I pass through some suburbs of Durrës. Here, too, there are many garages and car washes.
At a small food market I buy groceries. But there is no muesli. So I buy cornflakes.
Then I pass a garage with bicycles parked in front of it. I stop. Ask the man who works there if he has a rear wheel. He can neither speak English nor German. But he understands what I want. And he has a used rear wheel from a mountain bike. Complete with inner tube and casing. But without a cassette for the derailleur. That doesn't matter. I have an almost new cassette on my bike. I replaced the rear wheel and the gears in Ogulin (Croatia). Since then I've only ridden about 800 km. It only costs 2000 Lek (about 16€). For that price I don't have to think twice. However, he can't install it because he doesn't have the tools to change the cassette. But he has a friend who has a bicycle repair shop. Since I don't have enough cash, I take one of his bikes to a nearby cash machine. When I return, he shows me where the workshop is. He rides ahead on his bike. However, there is no one there. I am told to wait. Next to the workshop is a petrol station. I chat with the employees. Then I put the bike on its side and remove the rear wheel. Later, the owner of the garage comes. He doesn't speak English either. But he understands what I want. Replacing the cassette is a matter of 1 minute for him. Then, when I want to install the "new" wheel, the mudguard is dragging. The mountain bike cover is too thick. Again, the nice mechanic helps me. He replaces the mudguard with mine. He also adjusts the play of the wheel bearing. Then the rear wheel fits. When we want to readjust the brake, the worn Bowden cable breaks off. Without further ado, he installs a new Bowden cable. Now the brake works really well again. I only pay a total of 300 lek. I do a short test ride. The bike rides really well again. I reload it. I briefly think about what to do with the "old" rear wheel. It has only run 800 km. It's too bulky to take with me. So I give it to the helpful mechanic. He is very happy about that. He then gives me a nipple to fix my loose mudguard at the front.
I fill up my water canister at the bicycle repair shop.
Around 6 p.m. I say goodbye and ride on. Now I'm making good progress.
After a short time I reach the big city of Durrës (Durrësi). This large city on the Adriatic coast is the most important port city in Albania. It has a long history that goes back to Roman times. In the historic city centre and on the waterfront promenade, I notice that everything is clean and tidy here. Flat, very well-built streets without potholes. Wide pavements with lowered edges. No large rubbish bins. No rubbish on the streets. Well-kept houses. Modern shops and boutiques with a lot of choice. Many fine hotels, restaurants, cafes. Large screens. And no street dogs. This city centre is at least up to German standards. Only a few metres away from the mountains of rubbish and ramshackle side streets. I spend about 2 hours in this great city.
Then it gets dark. I leave Durrës. It is 80 km to Berat. As soon as I leave the centre, the roads get worse. And there is rubbish everywhere. Several times this evening I see people searching the rubbish bins for usable ones. It reminds me a lot of the times when I collected deposit bottles. That is not possible here, because there is no deposit system in Albania.
And there are no street lights outside the centre. Driving in the dark is too dangerous for me. There are open manholes every few hundred metres. There are often stones or other obstacles on the road. So I push. The sat nav initially leads me back onto the motorway. But another cyclist advises me against it. He shows me another way. Right next to the motorway Where there is not so much traffic. I follow the coastline. However, I can't see the coast. As there are a lot of big hotels here. One hotel complex with associated shopping market after the next. There are no open spaces. I briefly consider taking a room in one of the many hotels. But no...I don't want to support this mass tourism. And I can't afford it.
I push the bike for kilometres past the hotels. For hours. Then come housing estates. Later, the road (and also the motorway) leads away from the coast a little. There are meadows and open spaces again. Only now do I have a chance to find a place to camp.
Nevertheless, it takes a long time until I pass a large meadow behind bushes. I push the bike onto it. And quite a distance across the damp meadow. In one of the houses nearby, a dog takes notice of me. He barks very loudly and persistently. It's no use. I can't camp here. I push the bike to the other end of the meadow. There, the wall of a building emerges from the darkness in front of me. It could be a stable. As it is already 11:30 pm, I stay here. I am far enough away from the houses and the dog. I can lean the bike against the wall. In front of it I put up the tent. By the time I have put it away, it is 1 o'clock. I am hungry. I want to eat some cornflakes. When I pour in the milk (which I opened yesterday), I notice that it is bad. So I throw away the cornflakes and make myself some more. Good thing I bought new milk today. Then it's 1:30. I'm tired and knackered. Even skip my lemon today. And fall asleep immediately.
Despite the circumstances, I rode just under 30 km today. I pushed about half of it.